Zur Feststellung eines „beharrlichen Fehlverhaltens“ i.S. des Straßenverkehrsgesetzes genügt es in der Regel, dass rechtskräftige Vorahndungen des Autofahrers im Verkehrszentralregister eingetragen sind. Werden allerdings konkrete Einwendungen gegen eine frühere Täterschaft erhoben, muss sich der Tatrichter von deren Vorliegen erneut überzeugen. Er muss bei der Beweiswürdigung erkennen lassen, dass er auch den für die Täterschaft sprechenden Umständen (Hinnahme des Bußgeldbescheids, Geständnis der Täterschaft oder Feststellung und Beweiswürdigung des früheren Urteils zur Täterschaft) angemessenes Gewicht zuerkannt hat.
Dies verdeutlichte das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) in einer Bußgeldsache. Der Autofahrer hatte geltend gemacht, das Amtsgericht (AG) sei zu Unrecht von einem „beharrlichen Fehlverhalten“ ausgegangen. Einem im Verkehrszentralregister zu seinen Lasten vermerkten Bußgeldbescheid liege in Wahrheit nicht ein eigener Verkehrsverstoß, sondern einer seines Vaters zu Grunde. Obwohl dieser als Zeuge im vorliegenden Verfahren seine damalige Täterschaft bestätigt habe, hatte das AG die Voreintragung zu Lasten des Autofahrers berücksichtigt.
Das BayObLG hob die Verurteilung auf. Für die Annahme der beharrlichen Pflichtverletzung sei nicht allein die rechtskräftige Vorahndung von rechtlicher Bedeutung. Es müsse vielmehr eine erneute Pflichtverletzung vorliegen, obwohl der Autofahrer bereits früher in zeit- und sachnaher Weise gegen Verkehrsvorschriften verstoßen habe. Die mehrfachen Pflichtverletzungen müssten also vom Autofahrer tatsächlich begangen worden sein. Das BayObLG wies aber darauf hin, dass es grundsätzlich zur Feststellung der Täterschaft früherer Verkehrsverstöße genüge, diese dem Verkehrszentralregister zu entnehmen. Nur wenn der Autofahrer mit näherer Begründung in Abrede stelle, diese Taten begangen zu haben, müsse der Tatrichter dazu erneut eine Überzeugung gewinnen. Diese könne er regelmäßig bereits aus den Gründen der Vorverurteilung entnehmen oder aus der Tatsache, dass der Bußgeldbescheid ohne Einspruch hingenommen wurde. Erhebe der Autofahrer allerdings Einwände, die geeignet seien, diese Überzeugung in Zweifel zu ziehen, könne es erforderlich sein, diese Zweifel näher zu überprüfen. Die bloße Behauptung des Autofahrers, nicht der Täter gewesen zu sein, reiche aber nicht aus (BayObLG, 2 ObOWi 484/03).
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