BEA: Fehlende Einbettung von Schriftarten unschädlich

Das OLG Koblenz (3 U 844/20) stellt sich gegen die zunehmende Ansicht der Arbeitsgerichte, dass Schriftarten in PDF-Dateien bei Versand per BEA eingebettet sein müssen.

Eigentlich gilt dabei mit Nr. 1 ERVB 2019 dass bei elektronischer Einreichung als PDF-Datei alle für die Darstellung des Dokuments notwendigen Inhalte (insbesondere Grafiken und Schriftarten) in der Datei selbst enthalten sein müssen. Dies wird bei Dateien im PDF-Format dadurch gewährleistet, dass sämtliche verwendeten Schriftarten in die PDF-Datei eingebettet werden.

Das OLG aber ist der Auffassung, dass die Vorgaben in Nr. 1 ERVB 2019 teilweise unwirksam sind, weil sie gegen die Mindestgültigkeit der Formatfreigaben in Nr. 1 ERVB 2018 verstoßen und zudem nicht von der Ermächtigungsgrundlage in § 5 Nr. 1 ERVV gedeckt sind:

Zwar wird in der Rechtsprechung teilweise vertreten, dass ein Verstoß gegen das Gebot sämtliche verwendeten Schriftarten in die PDF-Datei einzubinden, das Verfahren nach § 130a Abs. 6 ZPO auslöse und mithin ggf. zur Formunwirksamkeit der elektronischen Einreichung führen könne (vgl. LAG Hessen, Beschluss vom 07.09.2020, 18 Sa 485/20, juris Rn. 30 ff.; ArbG Lübeck, Urteil vom 09.06.2020, 3 Ca 2203/19, juris Rn. 22 ff.). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung aber nicht an.

Es kann dabei offenbleiben, ob ein Verstoß gegen die gemäß § 130a Abs. 2 Satz 2 ZPO durch ERVV und ERVB bestimmten technischen Rahmenbedingungen stets zur „rechtlichen Nichtgeeignetheit“ für die gerichtliche Bearbeitung im Sinne des § 130a Abs. 6 Satz 1 ZPO führt (in diese Richtung neben LAG Hessen und ArbG Lübeck wohl auch das BAG, Beschluss vom 12.03.2020, 6 AZM 1/20, juris Rn. 2 ff.; Urteil vom 03.06.2020, 3 AZR 730/19, juris Rn. 28 f.) oder ob dies – wofür einiges spricht – mit Blick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes, wegen der der Zugang zu Gericht nicht durch unverhältnismäßige formelle Anforderungen erschwert werden darf, nur dann der Fall ist, wenn das eingereichte elektronische Dokument wegen der technischen Mängel tatsächlich nicht für die Bearbeitung durch das jeweilige Gericht geeignet ist (so: LG Mannheim, Urteil vom 04.09.2020, 1 S 29/20, juris Rn. 22 ff.).

Denn soweit Nr. 1 ERVB 2019 die in Nr. 1 lit. a) ERVB 2018 zugelassenen Dateiversionen des Formats PDF weitergehend einschränkt, lässt dies bereits die Mindestgültigkeit der Formatfreigaben in Nr. 1 ERVB 2018 bis zum 31.12.2020 außer Acht und ist daher wegen Verstoßes gegen § 5 Abs. 2 ERVV unbeachtlich (vgl. Mardorf, jM 2020, 266, 269).

Darüber hinaus erlaubt die Ermächtigungsgrundlage in § 5 Nr. 1 ERVV der Bundesregierung ohnehin lediglich die zugelassenen Versionen des Dateiformats PDF bekanntzumachen, nicht jedoch diese Versionen mit weitergehenden Anforderungen oder Einschränkungen zu versehen. Nr. 1 ERVB 2019 ist daher jedenfalls insoweit nichtig, als darin konkrete Anforderungen oder Einschränkungen bestimmt werden, die über die Definition bestimmter Versionen des Dateiformats PDF hinausgehen. Eine solche Einschränkung stellt die Vorgabe dar, sämtliche Schriftarten in die PDF-Datei einzubetten, da die zulässigen PDF-Versionen bis einschließlich PDF 2.0 – anders als die ebenfalls zugelassenen PDF/A und PDF/UA-Versionen – eine solche Anforderung nicht enthalten.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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