Ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO setzt voraus, dass ein Zeuge sich der Gefahr der Strafverfolgung aussetzt, wenn er bei wahrheitsgemäßer Aussage bestimmte Angaben machen müsste, die einen prozessual ausreichenden Anfangsverdacht im Sinne des § 152 Abs. 2 StPO gegen ihn selbst begründen würden.
Dabei muss die Möglichkeit einer Bejahung oder Verneinung der an den Zeugen gerichteten Frage in gleicher Weise in Betracht gezogen werden. Bringt auch nur eine dieser Möglichkeiten den Zeugen in die Gefahr der Strafverfolgung, ist die Auskunftsverweigerung in der Regel gerechtfertigt.
Dabei genügt es, wenn der Zeuge über eine Frage Auskunft geben müsste, die den Verdacht gegen ihn mittelbar begründet, sei es auch nur als Teilstück in einem mosaikartig zusammengesetzten Beweisgebäude („Mosaiktheorie„).
Da die Schwelle eines Anfangsverdachts im Sinne § 152 Abs. 2 StPO niedrig ist, ist auch das Bestehen einer entsprechenden Gefahr weit im Vorfeld einer direkten Belastung zu bejahen. Ein Auskunftsverweigerungsrecht kann jedoch entfallen, wenn für den Zeugen die Gefahr eines Ermittlungsverfahrens gegen seine Person ausgeschlossen ist. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Zeuge aufgrund einer bereits rechtskräftigen Verurteilung wegen der in Rede stehenden Straftat keine weitere Strafverfolgung mehr zu befürchten hat (zu alledem: Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 588/09).
- IOCTA Report zu Malware - 30. September 2023
- Cyberkriminalität als Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof? - 30. September 2023
- Zeitungsartikel als Sprachwerk - 30. September 2023