Auskunftsrechte gemäß Urheberrechtsgesetz bei einer Dokumentation

Ein Urteil des Landgerichts Köln (14 O 308/22) vom 16. Mai 2024 beschäftigt sich mit einem Streit um die Zahlung und Urhebernennung im Rahmen mehrerer Fernsehproduktionen. Dieser Fall beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und Pflichten von Vertragspartnern bei der Herstellung und Nutzung von audiovisuellen Werken sowie die Auskunftsrechte gemäß Urheberrechtsgesetz (UrhG).

Sachverhalt

Die Klägerinnen, ein Produktionsunternehmen und dessen Geschäftsführerin, forderten von den Beklagten Zahlungen für erbrachte Leistungen im Zusammenhang mit der Produktion mehrerer Fernsehdokumentationen. Zudem verlangten sie Schadensersatz und Auskunft über finanzielle Erträge aus der Nutzung dieser Werke. Ein wesentlicher Streitpunkt war die Reportage „Z. U. – Das System M.“, für die die Klägerinnen Vergütungen und eine Benennung im Abspann forderten .

Rechtliche Analyse

Vertragsschluss und Vergütung

Das Gericht stellte fest, dass ein Vertrag über die Produktion der Reportage „Z. U. – Das System M.“ konkludent zustande gekommen war. Die Parteien hatten sich auf eine Vergütung in Höhe von 79.804,75 EUR geeinigt, von denen bereits 50.686,73 EUR gezahlt worden waren. Die Klägerin zu 1) konnte somit eine Restzahlung von 29.118,02 EUR erfolgreich einfordern .

Ein weiterer Streitpunkt betraf die geplante Reportage über Drogenverkauf und -konsum an deutschen Schulen. Hier konnte die Klägerin jedoch keinen Vertragsschluss nachweisen. Weder die Zahlung der Vorkosten noch das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben reichten als Annahmeerklärung aus.

Kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Definition und Bedeutung

Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben (KBS) ist ein Schreiben, das zwischen Kaufleuten versendet wird, um die Bedingungen eines mündlich oder telefonisch geschlossenen Vertrags zu bestätigen. Es soll dazu dienen, die getroffenen Vereinbarungen schriftlich festzuhalten und eventuelle Missverständnisse auszuräumen.

Rechtsgrundlage

Die rechtliche Grundlage für das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist in den allgemeinen Grundsätzen des Handelsrechts verankert. Es handelt sich dabei um eine gewohnheitsrechtlich anerkannte Praxis, die insbesondere im Handelsgesetzbuch (HGB) durch die Vorschriften zur und zum Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben gestützt wird.

Voraussetzungen und Wirkung

Damit ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Kaufmannseigenschaft: Beide Parteien müssen Kaufleute im Sinne des HGB sein.
  • Vorangegangene Verhandlungen: Es muss vorher eine mündliche oder telefonische Verhandlung stattgefunden haben.
  • Unverzüglichkeit: Das Bestätigungsschreiben muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nach den Verhandlungen versendet werden.
  • Inhaltliche Übereinstimmung: Das Schreiben muss die wesentlichen Punkte der mündlichen Vereinbarung enthalten.

Schweigt der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens, so gilt dies grundsätzlich als Zustimmung zu dessen Inhalt, sofern der Inhalt nicht erheblich von den tatsächlich getroffenen Vereinbarungen abweicht.

Anwendung im Urteil des LG Köln

Im vorliegenden Fall behauptete die Klägerin, dass durch das Schweigen der Beklagten auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ein Vertrag zustande gekommen sei. Das Landgericht Köln verneinte jedoch einen Vertragsschluss, da die bloße Zahlung der Vorkosten und das Schweigen auf das Bestätigungsschreiben nicht als Annahmeerklärung gewertet werden konnten. Das Gericht stellte fest, dass die Voraussetzungen für ein wirksames kaufmännisches Bestätigungsschreiben nicht erfüllt waren, insbesondere da keine ausreichenden vorangegangenen Verhandlungen nachgewiesen werden konnten.

Urheberbenennung und Auskunftsansprüche

Die Klägerin zu 2) hatte keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlender Urheberbenennung in der Reportage „Z. U. – Das System M.“, da sie konkludent auf ihr Recht auf Namensnennung verzichtet hatte. Dies wurde durch den E-Mail-Verkehr zwischen den Parteien bestätigt .

Die Klägerin zu 2) konnte jedoch erfolgreich Auskunftsansprüche gemäß § 32d UrhG geltend machen. Das Gericht stellte fest, dass ihre Mitwirkung an den Produktionen erheblich war und somit ein berechtigtes Interesse an der Auskunft über die Nutzungserträge bestand.

§ 32d UrhG – Auskunftsanspruch

Gesetzestext und Zweck

§ 32d UrhG regelt den des Urhebers gegenüber demjenigen, der Nutzungsrechte an seinen Werken erworben hat. Der Wortlaut des § 32d UrhG lautet:

(1) Der Urheber hat gegen denjenigen, dem er ein Nutzungsrecht an seinem Werk eingeräumt hat, einen Anspruch auf Erteilung von Auskünften und Einsicht in Unterlagen, die für die Bemessung der ihm nach diesem Gesetz zustehenden Vergütung erforderlich sind.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 ist nur soweit gegeben, als dies erforderlich und dem anderen zumutbar ist. Ein weitergehender Auskunftsanspruch bleibt unberührt.

Der Zweck dieser Bestimmung ist es, dem Urheber die Möglichkeit zu geben, die Höhe der ihm zustehenden Vergütungen zu überprüfen. Dies ist insbesondere in Fällen relevant, in denen der Urheber nur schwer nachvollziehen kann, wie umfangreich sein Werk genutzt wurde und welche Erlöse daraus erzielt wurden.

Voraussetzungen und Umfang

Für einen erfolgreichen Auskunftsanspruch nach § 32d UrhG müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Einräumung eines Nutzungsrechts: Der Urheber muss Nutzungsrechte an seinem Werk eingeräumt haben.
  • Erforderlichkeit der Auskunft: Die Auskunft muss für die Bemessung der Vergütung erforderlich sein.
  • Zumutbarkeit der Auskunftserteilung: Die Auskunftserteilung muss für den Verpflichteten zumutbar sein.

Der Umfang des Auskunftsanspruchs erstreckt sich auf alle Informationen und Unterlagen, die notwendig sind, um die Vergütung zu berechnen. Dazu können Verkaufszahlen, Lizenzverträge, Werbeeinnahmen und ähnliche Dokumente gehören.

Anwendung im Urteil des LG Köln

Im vorliegenden Fall verlangte die Klägerin zu 2) Auskunft über die Nutzungserträge der Produktionen, an denen sie mitgewirkt hatte. Das Landgericht Köln gab diesem Anspruch statt und stellte fest, dass die Klägerin zu 2) aufgrund ihrer erheblichen Mitwirkung an den Produktionen ein berechtigtes Interesse an der Auskunft hatte. Die Beklagte war verpflichtet, umfassend über die finanziellen Erträge aus der Nutzung der Werke Auskunft zu erteilen, um der Klägerin zu ermöglichen, ihre Vergütungsansprüche zu überprüfen.

Fazit

Das Urteil des Landgerichts Köln zeigt die Wichtigkeit klarer vertraglicher Vereinbarungen und die Einhaltung urheberrechtlicher Bestimmungen bei der Produktion und Nutzung von audiovisuellen Werken. Die Entscheidung verdeutlicht auch die Rechte von Urhebern auf Auskunft und Vergütung sowie die Notwendigkeit einer sorgfältigen Dokumentation und Kommunikation zwischen den Vertragspartnern. Die Anerkennung konkludenter Vertragsschlüsse und der Verzicht auf Urheberrechte durch schlüssiges Verhalten sind zentrale Aspekte dieses Urteils.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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