Wettbewerbsverbot: Keine Vertragsstrafe für unverbindliches Wettbewerbsverbot

Das Solingen (3 Ca 153/17) konnte darauf hinweisen, dass ein unverbindliches nicht durch eine Vertragsstrafenvereinbarung geschützt werden kann. Darüber hinaus wurde – zu Recht – darauf hingewiesen, dass man immer die Tätigkeit des Mitarbeiters mit den eigenen Interessen abwägen muss. Ein dreimonatiges Wettbewerbsverbot ist insoweit nicht geeignet, ein berechtigtes geschäftliches Interesse im Bereich eines Reisebüros zu schützen, wenn die Arbeitnehmerin (lediglich) als Reiseverkehrskauffrau im Bereich Kreuzfahrten tätig ist.

Unverbindliches Wettbewerbsverbot im Sinne des §74a HGB

Ein Wettbewerbsverbot kann zwar (arbeits-)vertraglich vereinbart sein, gleich wohl kann es – auch wenn verbindlich formuliert – als unverbindlich einzustufen sein, wenn es nicht dem Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses im Sinne des § 74a Abs. 1 HGB dient:

Ein Wettbewerbsverbot ist insoweit unverbindlich, als es nicht zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses eines Prinzipals dient (§ 74a Abs. 1 S. 1 HGB). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein berechtigtes Geschäftsinteresse des Arbeitgebers anzuerkennen, wenn das Wettbewerbsverbot entweder dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dient oder den Einbruch in den Kunden- oder Lieferantenkreis verhindern soll (vgl. BAG, 01.08.1995 – 9 AZR 884/93). Das bloße Interesse, Konkurrenz einzuschränken, genügt nicht als berechtigtes geschäftliches Interesse (BAG, 01.08.1995 – 9 AZR 884/93).

Bei § 74a HGB handelt es sich um eine rechtshindernde Einwendung, so dass für diese grundsätzlich der darlegungs- und beweispflichtig ist. Allerdings ist im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO verpflichtet, die Gefährdung eines berechtigten Interesses darzulegen (vgl. BAG, 01.08.1995 – 9 AZR 884/93; LAG Baden-Württemberg, 30.01.2008 – 10 Sa 60/07). Bei Prüfung des berechtigten geschäftlichen Interesses ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt abzustellen, in welchem sich der Arbeitgeber auf die Wettbewerbsabrede beruft.

Abwägen des Zwecks der Vertragsstrafe

Ich fand die Ausführungen im konkreten Fall hier sehr anschaulich: Es ging um jemanden der im Reisebüro für Kreuzfahrten der Ansprechpartner war und mit einem 3monatigen Wettbewerbsverbot belegt war. Es ist interessant, wie das Gericht auseinander rechnet, dass bei der Häufigkeit von Buchungen in diesem Bereich schon gar nicht mit einem Eindringen in den Kundenkreis realistisch zu rechnen ist – wobei auch darauf geachtet wurde, ob man überhaupt des Wettbewerbsverbot oder nur die verfolgt:

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass auch Stammkunden nicht wöchentlich, monatlich oder vierteljährlich Kreuzfahrten buchen. Der Kläger hat zuletzt vortragen lassen, dass, wenn ein Mitarbeiter in einem Dreimonatszeitraum nicht anzutreffen sei, die Verbindung relativ schnell abreiße und der Kunde sich zu einem neuen Betreuer orientiere. Näher hat der Kläger dies nicht dargelegt oder begründet. Selbst wenn man annehmen wollte, dass auch Stammkunden im Bereich der Kreuzfahrtreisen bis zu zwei Fahrten im Jahr buchen würden, so müsste auch der Kläger davon ausgehen, dass diese Kunden lediglich alle fünf bis sechs Monate in sein Reisebüro kommen, um eine Kreuzfahrt zu buchen. Nach eigenem Vortrag würde aber in diesem Fall der Kontakt relativ schnell abreißen und die Kunden seien auch bereit, sich schnell einem neuen Betreuer zuzuwenden. Ein berechtigtes geschäftliches Interesse ist vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen. Ein kurzes Wettbewerbsverbot kann vielmehr dafür sprechen, dass es dem Arbeitgeber allein darum geht, dem Arbeitnehmer einen Arbeitsplatzwechsel zu erschweren (Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 5. Auflage 2009, Rd-Nr. 203). Ohne dass es für die Entscheidung rechtlich darauf ankäme, könnte hierfür auch sprechen, dass der Kläger nicht versucht hat, dass Wettbewerbsverbot gerichtlich durchzusetzen. Er hat sich stattdessen auf die vermeintlichen Vertragsstrafe beschränkt.

Eine durchaus nachvollziehbare Überlegung, die auch zeigt: Auch das (ausser-)prozessuale Vorgehen kann Berücksichtigung bei kritischen Wertungsfragen finden. Das gesamte Vorgehen sollte damit in sich abgestimmt sein.

Keine Vertragsstrafe für unverbindliches Wettbewerbsverbot

Zu Recht macht es das Gericht an dieser Stelle kurz:

Ein unverbindliches Wettbewerbsverbot kann nicht durch eine Vertragsstrafen-Klausel geschützt werden. Eine vereinbarte Vertragsstrafe wird mit der Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots unwirksam (LAG Hessen, 05.03.1990 – 10/2 Sa 1114/89; Bauer/Diller, Rd-Nr. 634).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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