Ein bereits entstandener tarifvertraglicher Anspruch kann innerhalb der Grenzen des Vertrauensschutzes durch eine rückwirkende Betriebsvereinbarung gemindert werden. Erforderlich ist, dass eine tarifvertragliche Öffnungsklausel die Anpassung dieses Anspruchs auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung vorsieht.
Mit dieser Entscheidung wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz die Klage eines Arbeitnehmers zurück, dessen Tarifvertrag eine jährliche Sonderzahlung vorsah. Bei Fälligkeit zahlte der Arbeitgeber nur die Hälfte der Sonderzahlung. Hintergrund war die schlechte betriebliche Situation, über die der Geschäftsführer zuvor in einer Belegschaftsversammlung informiert hatte. Auf Grund einer Öffnungsklausel im Tarifvertrag (Härtefallklausel) hatten Arbeitgeber und Betriebsrat nachträglich eine Betriebsvereinbarung geschlossen, in der es u.a. hieß: „Die Beschäftigten werden gemäß Manteltarifvertrag… – Härtefallklausel – mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien im Jahre 2000 auf 50 Prozent der tariflichen Jahresleistung verzichten.“
Das LAG begründete die Klageabweisung damit, dass tarifliche Regelungen während der Laufzeit des Tarifvertrags durch eine neue tarifliche Regelung – auch zu Lasten der Arbeitnehmer – rückwirkend abgeändert werden dürfen. Dies gelte im Grundsatz auch für bereits entstandene und fällig gewordene, noch nicht abgewickelte Ansprüche (sog. „wohlerworbene Rechte“). Der in diesem Zusammenhang allein zu beachtende Grundsatz des Vertrauensschutzes sei hier nicht verletzt. Die Beschäftigten hätten auf Grund der, wenn auch allgemein gehaltenen, Informationen des Geschäftsführers in der Betriebsversammlung mit einer Verminderung der Jahressonderzahlung rechnen müssen (LAG Rheinland-Pfalz, 1 Sa 48/02).
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