Kündigung: Anspruch auf Abfindung

Wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt wird, steht ein Anspruch auf eine zu wenn

In anderen Fällen steht ein zwingender Anspruch auf eine Abfindung jedenfalls nicht in dem Sinn zu, dass man quasi eine Abfindung einfordern und einklagen kann.

Abfindung durchsetzen mit Kündigungsschutzklage

Allerdings zeigt die Praxis immer wieder, dass Kündigungen regelmäßig angreifbar sind – gleich ob betriebsbedingt, fristlos oder ordentlich, die Voraussetzungen für eine formell und materiell wirksame Kündigung können zumindest in grösseren Betrieben regelmäßig in Zweifel gezogen werden. Wenn dann eine Kündigungsschutzklage erhoben wird, kommt hinzu, dass Arbeitsgerichte durchaus auf Anbfindungen hindrängen, was einen weiteren „Druckpunkt“ darstellt. Im Ergebnis lässt sich hier mit geschickter Verhandlungsführung häufig eine Abfindung oder sonst wie geartete Abschlusszahlung erreichen, die vorher nicht im Raum stand. Denn mit dem BAG gilt: Nach Erklärung einer Kündigung durch den Arbeitgeber sind Abfindungsvergleiche zur Vermeidung oder Beendigung eines Kündigungsrechtsstreits zulässig. Dem Arbeitnehmer bleibt die freie Entscheidung, ob er sein Klagerecht (weiter)verfolgt oder für die Nichtwahrnehmung dieser Möglichkeit als Gegenleistung des Arbeitgebers eine Abfindung erhält (BAG – 4 AZR 798/05).

In meiner Praxis zeigt sich dabei öfters, wie gerade Arbeitgeber diese Situation falsch einschätzen und dann vor Gericht erleben, dass es sinnvoll ist, sich vom Arbeitsverhältnis und dem laufenden Streit „freizukaufen“.

Höhe der Abfindung

Vergessen Sie alle Formeln, auch die berühmte „0,5 Bruttomonatsgehälter pro Jahr Betriebszugehörigkeit“ – ich habe sowohl deutliche Abweichungen hiervon nach unten wie nach oben erlebt. Zur Orientierung ist dies ein guter Anhaltspunkt, je unsicherer die Kündigung ist und je unliebsamer dem Arbeitgeber der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ist, umso eher lässt sich diese Formel umsetzen.

Voraussetzung für Anspruch auf Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

Der Gesetzesbegründung zur Schaffung des §1a KSchG ist zu entnehmen, dass durch diesen eine einfach zu handhabende, moderne und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess geschaffen werden sollte. Damit hier ein Anspruch auf eine Abfindung entsteht sind zwei Voraussetzungen zu beachten:

  • Der Arbeitgeber „muss in der schriftlichen Kündigungserklärung (§ 623 BGB) als Kündigungsgrund dringende betriebliche Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 angeben.
  • Weiterhin muss der Arbeitgeber darauf hinweisen, dass der Arbeitnehmer die gesetzliche Abfindung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beanspruchen kann, wenn er die dreiwöchige Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 verstreichen lässt.

Diese Formvorgabe, mit welcher der Arbeitgeber beide Angaben schriftlich mitteilen muss, verhindert irrtümliche Erklärungen: „Durch die gesetzliche Schriftform und den gesetzlich vorgegebenen Inhalt der Kündigungserklärung wird für den Arbeitnehmer die erforderliche Rechtsklarheit und Beweissicherung geschaffen. Der Arbeitnehmer kann jetzt frei darüber entscheiden, ob er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung der gesetzlich festgesetzten Abfindung gegen sich gelten lässt oder ob er Kündigungsschutzklage erhebt, bevor die Kündigung wegen Ablaufs der Klagefrist als von Anfang an rechtswirksam gilt (§ 7)“ –  hierzu siehe BT-Drucks. 15/1204 S. 12.

Kein Mindestanspruch auf Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

Im § 1a Kündigungsschutzgesetz ist festgelegt, dass Arbeitnehmer, die gegen eine betriebsbedingte Kündigung nicht klagen, eine Abfindung in Höhe von 0,5 Monatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr beanspruchen können – dies aber begründet keinen absoluten Mindestabfindungsanspruch! Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg wies vielmehr darauf hin, dass der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift lediglich ein standardisiertes Verfahren zur Vermeidung von Kündigungsschutzprozessen zur Verfügung stellen wollte. Abweichende Parteivereinbarungen über eine geringere oder höhere Abfindung wollte er damit nicht verbieten. Der Arbeitgeber kann daher auch einen niedrigeren Betrag anbieten (LAG Baden-Württemberg, 4 Sa 24/06 – Bestätigt durch Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 663/06).

Andere Abfindung kann bei betriebsbedingter Kündigung vereinbart werden

Die Arbeitsvertragsparteien sind auch bei betriebsbedingten Kündigungen Inn der Lage, eine geringere oder höhere als die vom Gesetz vorgesehene Abfindung zu vereinbaren – mit dem Bundesarbeitsgericht gilt insoweit, dass § 1a KSchG einer Auslegung eines Kündigungsschreibens als eigenständiges, von den Voraussetzungen des § 1a KSchG unabhängigen Abfindungsangebots nicht grundsätzlich entgegensteht. Die Regelung des § 1a KSchG setzt insoweit keinen generell unabdingbaren Mindestabfindungsanspruch bei Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen fest:

Dies schließt die Möglichkeit ein, dass der Arbeitgeber die Zahlung einer Abfindung von dem ungenutzten Verstreichenlassen der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig macht. Es hätte einer Anordnung des Gesetzgebers bedurft, um die mit einem Ausschluss einer von § 1a KSchG abweichenden Vereinbarung verbundene Beschränkung der Vertragsfreiheit zu rechtfertigen

BAG, 2 AZR 663/06

Die Frage, ob der Arbeitgeber einen Hinweis nach § 1a KSchG oder ein davon abweichendes Angebot unterbreitet hat, ist durch Auslegung des Kündigungsschreibens zu ermitteln (BAG, 1 AZR 340/06). Dabei darf allerdings nicht vorschnell auf ein Angebot auf Abschluss eines Abwicklungsvertrags geschlossen werden. Aus dem Kündigungsschreiben muss sich der Wille des Arbeitgebers, ein von der gesetzlichen Vorgabe abweichendes Angebot unterbreiten zu wollen, eindeutig und unmissverständlich ergeben. Enthält das Kündigungsschreiben einen vollständigen Hinweis nach § 1a KSchG, so spricht dies für einen Anspruch des Arbeitnehmers nach § 1a Abs. 2 KSchG.

Will der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit Ausspruch der Kündigung ein Angebot auf Abschluss eines Vertrags in Anlehnung an das gesetzliche Modell des § 1a KSchG unterbreiten, ohne jedoch die gesetzliche Abfindung anbieten zu wollen, so ist aus Gründen der Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und Beweissicherung erforderlich, dass sich aus der schriftlichen Kündigungserklärung eindeutig und unmissverständlich ergibt, welche Abfindung der Arbeitgeber anbietet. Der Arbeitnehmer muss nach Erhalt des Kündigungsschreibens innerhalb von drei Wochen entscheiden, ob er gegen Zahlung der angebotenen Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder ob er eine Kündigungsschutzklage erhebt. Dabei ist daran zu denken, dass ein Kündigungsverzicht, im Rahmen einer Vereinbarung, möglich wäre!

Zusätzlich muss der Arbeitnehmer in der Situation des Zugangs der Kündigung klar erkennen können, ob der Arbeitgeber ihm ein Angebot nach § 1a KSchG oder ein von § 1a KSchG abweichendes Angebot unterbereitet hat. Denn der Arbeitnehmer muss wissen, worauf er sich einlässt. Andernfalls könnte sich erst bei Zahlung der Abfindung nach Ablauf der Kündigungsfrist (BAG – 2 AZR 45/06) herausstellen, dass der Arbeitgeber ein von § 1a Abs. 2 KSchG abweichendes Angebot unterbreitet haben wollte. Der Arbeitnehmer hätte dann wegen § 4 KSchG häufig keine oder eine nur noch sehr eingeschränkte Möglichkeit, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtlich prüfen zu lassen. Es wären dann – soweit es den Bestandsschutz angeht – zu Lasten des Arbeitnehmers unumkehrbare Fakten geschaffen. Der Arbeitnehmer müsste im Übrigen die Abfindung zur vollständigen Disposition stellen: Mit der Klageerhebung würde er die Voraussetzung jedweden Abfindungsanspruchs selbst beseitigen.

Fazit zur Abfindung nach Kündigung

Streng formaljuristisch gibt es bei „normaler“ Kündigung selten einen echten Anspruch – und es bieten sich bei einer betriebsbedingten Kündigung, wie gezeigt, erhebliche Fallstricke für den Arbeitnehmer, am Ende in einer ungünstigeren als der gesetzlichen Lage zu landen. Da aber zugleich oft Angriffspotential herrscht und Gerichte durchaus in Richtung einer Abfindung zum „freikaufen“ aus dem Arbeitsverhältnis drängen macht es Sinn, sich in jedem Fall nach Erhalt einer Kündigung beraten zu lassen. Als einziges Druckmittel muss dann abgewägt werden, ob der Weg der Kündigungsschutzklage angestrebt wird, um hierüber entweder den Arbeitsplatz zu retten oder den Arbeitgeber unter Druck zu setzen etwas zu zahlen. Doch Vorsicht: Nach 3 Wochen ist auch dieses Druckmittel weg, der Arbeitnehmer hat dann nichts mehr in der Hand.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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