Kostenübernahme bei privater Nutzung des Dienstwagens

Private Nutzung des Dienstwagens: Beim Landesarbeitsgericht Hamm, 7 Sa 1485/11, ging es um die Frage, ob der Arbeitgeber bei einem zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen auch die in der Freizeit angefallenen Tankkosten zu tragen hat. Das LAG stellte hierbei klar, dass wenn ein Arbeitsvertrag ohne Einschränkung regelt, dass dem ein Dienstfahrzeug auch zur privaten Nutzung überlassen ist, dies sämtliche Kosten erfasst, die im Zusammenhang mit der Nutzung des Dienstfahrzeugs angefallen sind – insoweit dann auch die im Urlaub des Arbeitnehmers aufgewandten Kosten für die Betankung des Fahrzeugs.

Streitgegenständlich waren diese beiden Paragraphen des Arbeitsvertrages:

  • § 5 Dienstwagen –
  • Der Angestellte erhält für die Dauer des Anstellungsverhältnisses einen der oberen Mittelklasse, der auch zu privaten Zwecken benutzt werden darf. Die auf die private Nutzung entfallende Steuer trägt der Arbeitnehmer.
  • § 6 Spesenregelung –
  • Bei Dienstreisen werden folgende Spesen ersetzt: Hotelkosten incl. Übernachtung und Frühstück, Flugkosten, Mietwagen der gehobenen Mittelklasse, dienstliche veranlasste Tankquittungen, Telefonkosten sowie sonstige Bewirtungskosten, die dem Geschäftszweck dienen.

Das Landesarbeitsgericht sieht hier gar keinen Diskussionsspielraum, da §5 des Arbeitsvertrages nun einmal ausdrücklich vorsieht, dass der Kläger für die Dauer des Anstellungsverhältnisses einen Firmenwagen erhält, den er auch zu privaten Zwecken nutzen darf. Einschränkungen, die die Privatnutzung betreffen könnten, sind dort nicht zu finden, vielmehr ist ausdrücklich und abschliessend ausgeführt, dass der Arbeitnehmer die auf die Privatnutzung entfallende Steuer zu tragen hat. Die Arbeitsvertragsparteien haben somit mit dem LAG nur geregelt, dass der Kläger den in der Überlassung des Dienstwagens auch zu privaten Zwecken liegenden Vorteil zu versteuern hat. 

Ich wäre schwer überrascht, wenn hier ein Rechtsanwalt an der Abfassung beteiligt war – vielmehr beobachte ich immer wieder, dass man gerade beim Arbeitsvertrag als Arbeitgeber die Kosten anwaltlicher Beratung scheut. Das Ergebnis sind dann mitunter derart unklare Vertragsfassungen, dass Streit schon fast vorprogrammiert ist. Das hiesige Beispiel mag dabei untermauern, wie wichtig es ist, klare Regelungen zu finden.

Aus der Entscheidung des LAG:

Die Regelung in § 6 des Arbeitsvertrages spricht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gegen, sondern für die Annahme des Klägers, bereits aus § 5 des Arbeitsvertrages ergebe sich eindeutig, dass ihm der Wagen einschränkungslos zu privaten Zwecken überlassen worden ist. Ist in § 6 unter der Überschrift „Spesenregelung“ vorgesehen, dass „dienstlich veranlasste Tankquittungen“ erstattet werden, so muss dies in den Kontext gestellt werden, für den diese Regelung vorgesehen ist. Dies ist der Ausgleich von Spesen, die bei Dienstreisen anfallen, wie es der erste Halbsatz in § 6 des Arbeitsvertrages vorsieht. Erstattet werden danach Hotelkosten inkl. Übernachtung und Frühstück, Flugkosten und Kosten eines Mietwagens der gehobenen Mittelklasse. Erst dann folgt in der Auflistung die Formulierung, dass auch dienstlich veranlasste Tankquittungen erstattet werden. Der Zusammenhang macht deutlich, dass es um solche Tankquittungen geht, die auf Dienstreisen für die Inanspruchnahme eines Mietwagens angefallen sind. Hätte die Beklagte regeln wollen, dass trotz der Überlassung des Dienstfahrzeugs auch zu privaten Zwecken lediglich die Kosten für „dienstlich veranlasste Tankquittungen“ hätten erstattet werden sollen, hätte dies in § 5 des Arbeitsvertrages aufgenommen werden müssen. Die Arbeitsvertragsparteien haben damit in ihrer arbeitsvertraglichen Regelung eine Differenzierung zwischen privat und dienstlich veranlassten Tankquittungen durchgeführt, dies allerdings ausschließlich im Zusammenhang mit den auf Dienstreisen anfallenden Tankkosten. Im Wege eines Umkehrschlusses ergibt sich damit deutlich, dass im Zusammenhang mit der Überlassung des Dienstfahrzeugs zu privaten Zwecken eine Unterscheidung zwischen dienstlich und privat veranlassten Tankquittungen gerade nicht vorgenommen worden ist.45

Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass die Handhabung einer solchen Unterscheidung im Ergebnis auch nicht praktikabel ist, weil bei einer Überlassung eines Dienstfahrzeugs auch zu privaten Zwecken eine klare Differenzierung zwischen privat und dienstlich veranlassten Fahrten kaum möglich ist. Andernfalls hätte der Kläger bereits die auf die Wegstrecke zur Arbeit anfallenden Tankkosten aber auch alle sonstigen (auf Privatfahrten) entfallenden Kosten aus den Tankquittungen „heraus rechnen“ müssen. Dass dies zwischen den Parteien vereinbart worden sein soll, trägt selbst die Beklagte nicht vor. Deshalb bleibt die Behauptung der Beklagten auch substanzlos, von Anbeginn des Arbeitsverhältnisses an sei die Hereingabe von Tankquittungen so praktiziert worden, dass lediglich die auf Privatfahrten entfallenden Kosten zu erstatten gewesen wären. Wie dies unter Berücksichtigung der sehr unterschiedlichen Anlässe für Privatfahrten genau praktiziert worden sein soll, trägt die Beklagte nicht vor. Die Kammer vermochte der Beklagten deshalb auch nicht zu folgen, ist sie der Auffassung, dem Kläger hatte klar sein müssen, dass sie die Tankkosten für Urlaubsfahrten nicht hat übernehmen wollen. Sie stützt ihre Kündigung auch darauf, dass der Kläger Tankkosten geltend gemacht hat, die während Zeiten attestierter Arbeitsunfähigkeit angefallen sind. Auch dies scheint sie dem Bereich derjenigen Privatfahrten zuordnen zu wollen, deren Kosten sie nach ihrer Auffassung nicht zu übernehmen habe. Für den Kläger konnte unter Berücksichtigung des einschränkungslosen Wortlauts in § 5 des Arbeitsvertrages gerade nicht klar sein, dass nach Fahrten während des Urlaubs und der Arbeitsunfähigkeit nicht dem Bereich der „privaten Nutzung“ zuzurechnen sind. Ohne Belang ist deshalb die Annahme der Beklagten, der Kläger habe nicht erwarten können, dass sie die während seines Urlaubs und sonstiger privat veranlasster Abwesenheitszeiten anfallenden Tankquittungen übernehmen würde. Angesichts der klaren Regelungen im Arbeitsvertrag war sie genau dazu verpflichtet.

Landesarbeitsgericht Hamm, 7 Sa 1485/11
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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