Arbeitsrecht: Kündigung bei „Hasspostings“ & Hetze auf Facebook

Man stelle sich vor, eine Altenpflegerin schreibt auf Facebook diesen Beitrag:

„Irgendwann wird es eh so kommen dass man hinz und kunz aufnehmen muss. dank meiner medizinischen Ausbildung wird bei mir keiner überleben.“

Wie geht man damit als Arbeitgeber um? Kann man sich als Arbeitgeber überhaupt wehren, wenn in Ihrer Freizeit so genannte „Hasspostings“ absetzen? Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmer können Konsequenzen auch bei rein privatem Handeln zu befürchten haben. Ein kurzer Überblick zu den arbeitsrechtlichen Konsequenzen.


Den Arbeitgeber unterscheiden

Als erstes muss man unterscheiden bei welchem Arbeitgeber man angestellt ist – handelt es sich um die öffentliche Hand als Arbeitgeber kann auch ein außerdienstliches Verhalten Relevanz bei einer Kündigung haben. Bei Arbeitgebern aus der Privatwirtschaft dagegen ist grundsätzlich nur von Relevanz, was sich innerhalb der Arbeitsausübung ausgewirkt hat.

Außerdienstliches Verhalten bei privatwirtschaftlichen Arbeitgebern

Das außerdienstliche Verhalten bei Arbeitgebern aus der Privatwirtschaft spielt nur dann eine Rolle, wenn tatsächlich und nachvollziehbar das Arbeitsverhältnis konkret betroffen wird. Wenn also etwa nachhaltig und nicht mehr hinnehmbar das Vertrauen in den Arbeitgeber geschädigt wird oder der Betriebsfrieden nachhaltig gestört wird. Alleine unangenehmes, „unschönes“ oder rein unerwünschtes Verhalten reicht dafür ausdrücklich nicht aus.

Das obige Beispiel ist insoweit durchaus für eine ausserordentliche Kündigung geeignet, da hier jeder potentielle (und bestehende!) Kunde Angst um sein Leben haben muss. Es wird hinsichtlich der Dienstleistung des Arbeitgebers nachhaltig Vertrauen zerstört, so etwas muss sich ein Arbeitgeber nicht bieten lassen.

Es kommt aber eben dann stark darauf an. Ein Arbeitgeber kann sich ggfs. nicht dagegen wehren, wenn er eben nicht betroffen ist oder man nur mit Kunstgriffen eine Betroffenheit (künstlich) herbei führen kann. Auch kann nicht jedes möglicherweise schädliche Verhalten eine Möglichkeit zur fristlosen Kündigung darstellen.
Andererseits ist es aber eben nicht so, dass ein Arbeitnehmer in seiner Freizeit gar keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen befürchten muss, egal was er tut. Es ist somit am Ende eine Wertungsfrage

Innerdienstliches Verhalten

Ganz anders ist es beim Verhalten während der Ausübung der Tätigkeit – hier bieten sich einige Möglichkeiten für Arbeitgeber, regulierend einzugreifen – und teilweise muss dies sogar geschehen. Wenn etwa der Betriebsfrieden nachhaltig durch ein Verhalten während der geschädigt wird oder Interessen von Kollegen nachhaltig geschädigt werden, hat der Arbeitgeber das Recht und sogar die Pflicht einzugreifen. Über die Kriterien des Betriebsfriedens und des ordentlichen Betriebsablaufs bieten sich hier gute Einstiegsmöglichkeiten, wobei aber immer zu prüfen ist, ob erst eine ausgesprochen werden muss.

Die Meinungsäußerungsfreiheit

Gerne wird darauf hingewiesen, dass es ja eine Meinungsäußerungsfreiheit gibt – auch diese hat aber ihre Grenzen. Das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 676/98) hat dazu ausgeführt:

Dieses Grundrecht findet seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen und dem Recht der persönlichen Ehre (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 1996 – 2 AZR 274/95 – AP Nr. 26 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung, zu II 2 der Gründe, m. w. N.). Insoweit kann auf sich beruhen, ob der Kläger einen Straftatbestand erfüllte (etwa § 185 StGB oder gar § 130 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Nr. 1 StGB). Auf die strafrechtliche Bewertung der Handlung kommt es für ihre kündigungsrechtliche Bedeutung nicht entscheidend an (Senatsurteil vom 20. August 1997 – 2 AZR 620/96AP Nr. 27 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung, zu II 1 c der Gründe). Im kündigungsrechtlichen Sinne beleidigte der Kläger den Auszubildenden D grob, indem er seine Ehre bewußt und gewollt aus gehässigen Motiven heraus (dem Ärger über seinen Arbeitseifer) kränkte (vgl. Krummel/Küttner, NZA 1996, 67, 74, m. w. N.). Damit wird kein besonderer Kündigungsgrund der „Ausländerfeindlichkeit“ begründet (dagegen mit Recht Korinth, AuR 1993, 105), vielmehr störte der Kläger die innerbetriebliche Verbundenheit unter den Auszubildenden (zu einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses Senatsurteil vom 5. November 1992, aaO, unter II 2 b der Gründe) und gefährdete – da nicht auszuschließen war, daß die anderen Jugendlichen den Vorfall an die Öffentlichkeit tragen würden – konkret das Ansehen und die Außenbeziehungen der Beklagten.

Es kommt also auf den Einzelfall an, da eine Abwägung vorgenommen werden muss. Beleidigungen oder Schmähungen sind allerdings ohnehin nicht hinzunehmen – ebenso wenn mit der Äußerung eine verwirklicht wurde. Und es droht am Ende die fristlose Kündigung.

Was können Arbeitgeber tun?

Arbeitgeber können nach Bekanntwerden solcher Postings reagieren, in dem man über Abmahnung und Kündigung nachdenkt. Aber: In diesem Moment hat man als Arbeitgeber bereits erste Fehler begangen. In einem Betrieb sollte das Verhalten in Sozialen Netzen thematisiert sein, bevor es zu Streitfällen kommt. Auch kleinere Betriebe mit konservativer Ausrichtung sollten Social Media Guidelines veröffentlicht haben und mit den Mitarbeitern über das Gebiet gesprochen haben.

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Entscheidung des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen: Kündigung wegen Facebook-Hetze

Auch das  Gelsenkirchen (5 Ca 1444/15) hat in einem anderen Fall hervorgehoben, dass eine Kündigung nach Hetze auf Facebook möglich ist. Insbesondere bei öffentlichen Aufrufen zu Gewalt ist dem Arbeitgeber das Festhalten am Arbeitsverhältnis nicht zuzumuten:

Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses besteht ein wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB. Danach kann das Arbeitsverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund ist zweistufig zu prüfen. Zunächst ist maßgeblich, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls an sich geeignet ist, einen Kündigungsgrund zu bilden. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (ständige Rechtsprechung des BAG, z.B. Urteil vom 09.06.2011 – 2 AZR 381/10NZA 2011, 1027). Im Falle von dem Arbeitnehmer vorgeworfenen strafbaren Handlungen kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Bewertung an. Entscheidend ist die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses (BAG 20.8.1997 NZA 1997, 1340; 1.7.1999 AP BBiG § 15 Nr. 11). Für eine Kündigung kommt dabei nicht nur die Verletzung vertraglicher Hauptpflichten, sondern auch die Verletzung vertraglicher Nebenpflichten in Betracht. § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet jeden Vertragspartner zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils.

Nach den vorstehenden Grundsätzen erweist sich die außerordentliche Kündigung vom 4.8.2015 als rechtmäßig. Die dem Kläger vorgeworfenen Äußerungen, Ausländer sollten „zusammen geschlagen werden und die Kinder die daraus entstehen sollten erschlagen werden“, sowie die „Ächtung“ und Stellung „an den Pranger“ von Personen, die mit Ausländern zusammen sind, stellen eine schwerwiegende Nebenpflichtverletzung im Arbeitsverhältnis dar. Gleiches gilt insbesondere für die Äußerungen, Personen „mit den guten alten Eisenstangen bis zur Grenze“ zu schlagen sowie die Aufforderung: „schlagt zurück geht auf die Straße holt euch das pack“. Diese Äußerungen weisen eine ersichtlich rechtsradikale Gesinnung auf, die dem verhaltensbedingten Bereich zuzuordnen sind. Durch die vorbeschriebenen Äußerungen wird die Missachtung gegenüber Ausländern und Inländern, die mit Ausländern verbunden sind, kundgetan und diese Personen herabgewürdigt. Aus diesem Grund sind diese Äußerungen auch nicht vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt. Dieses Grundrecht findet seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen und dem Recht der persönlichen Ehre (BAG NZA 1996, 873). Ein Arbeitnehmer hat in seiner politischen Meinungsäußerung Zurückhaltung zu üben. Dies gilt jedenfalls und ohne Einschränkung für die Äußerung rechtsextremer Ansichten und entspricht der Loyalitätspflicht des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber. Es liegt auf der Hand, dass die Äußerung extremer politischer Auffassungen durch einen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst dem Ruf des Arbeitgebers abträglich sein kann. Insoweit kommt es nicht entscheidend darauf an, ob durch die Äußerungen bei Facebook der Straftatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) erfüllt ist.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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