Facebook kein „Freundeskreis“: Kündigung wegen Beleidigung des Vorgesetzten auf Facebook möglich

Es nimmt allmählich Überhand: Beleidigungen des Arbeitgebers auf Facebook. Tatsächlich in gewisser Weise nachvollziehbar, verlagert sich soziales „Leben“ doch zunehmend ins Netz und gerade kurzschlussreaktionen können sich hier einerseits gut „entladen“ – andererseits dauerhaft und unter großem Publikum. Dieser Unterschied ist es auch, der Beleidigungen im Netz – mag es sich auch mitunter noch so anders anfühlen – von Spontanausbrüchen im kleinen Kreis, sei es unter Kollegen oder Freunden, unterscheidet.

Das Hagen (3 Ca 2597/11) hatte hier einen besonders krassen Fall, in dem heftigt beleidigt wurde was das Gericht selbst auch deutlich zu Recht kommentiert:

Vorliegend hat der Kläger seinen unmittelbaren Vorgesetzten bei der Beklagten, Herrn G1, äußerst grob beleidigt, indem er in Bezug auf dessen Person über Facebook per „posting“ an seine Pinnwand am 20.11.2011 und 26.11.2011 folgende Formulierungen verwendete: „scheiss G1“, „kleiner scheisshaufen“, „wixxer“, „faules schwein, der noch nie gearbeitet hat in seinem scheissleben“, „drecksau“ und „doofmann“. Für die erkennende Kammer sind die Kraftausdrücke und Schmähungen in ihrer Derbheit kaum noch steigerungsfähig. Sie sind für den Vorgesetzten G1 äußerst ehrverletzend.

Die an sich ist keine weitere Bemerkung wert, wohl aber etwas anderes: Veröffentlicht war die Nachricht alleine für die Kontakte des Gekündigten. Dieser meinte dazu, da er zu Hause geschrieben hatte und es nur für seine „Facebook-Freunde“ sichtbar war, sei es als private Mitteilung geschützt. tatsächlich ist es jedem von uns erlaubt, in seinem kleinen Kreis aus Freunden und Familie offen zu reden, auch zu Beleidigen – alles andere wäre unvorstellbar. Aber ist dies auch auf Facebook-Kontakte übertragbar? Das Gericht stellt hier auf den Einzelfall ab und verneint dies zu Recht:

Die Kundgabe der beleidigenden Äußerungen ist quasi betriebsöffentlich, vergleichbar einem Aushang am „Schwarzen Brett“ im Betrieb erfolgt, da von den 70 „Freunden“ des Klägers bei Facebook, die unmittelbar Zugriff auf seine Pinnwand hatten, 36 zum Zeitpunkt der getätigten Äußerung bei der Beklagten beschäftigt waren […]

Eben das ist es – es ist an einen Teil der Belegschaft gerichtet, strahlt unmittelbar in den Betrieb hinaus, der vergleich zum „Schwarzen Brett“ ist treffend und korrekt. Eine Verteidigungsmöglichkeit bietet dies nicht. Daneben versuchte sich der Gekündigte damit zu Verteidigen, dass er versehentlich die Nachricht für mehr Menschen frei gegeben hatte als gewollt, ermeinte im Chat zu handeln und postete eine Statusmeldung. Auch dies verfing nicht – zum einen glaubte man ihm nicht, da er schon zu lange bei Facebook aktiv war. Zum anderen (und dies erscheint mir wichtiger) gibt das Gericht den Hinweis, dass man wenn man unsicher ist im Umgang mit derartigen Medien, entsprechend vorsichtig mit dem sein sollte, was man schreibt:

Wenn der Kläger, wie er selbst vorträgt, generell in Bezug auf die Nutzung des Internets, speziell des sozialen Netzwerks Facebook, unsicher ist, hätte er sich, bevor er die hier relevanten Äußerungen an seine Pinnwand postete, vergewissern müssen, dass dies in dieser Weise nicht geschah, sondern sie nur im „Chat-Modus“ an Herrn M1 R2 versendet wurden. Indem er dies offenbar nicht getan hat, hat er zumindestens bedingt vorsätzlich die Texte an seine Pinnwand gepostet, da er dies für möglich halten musste und billigend in Kauf nahm.

Letztlich bleibt es dabei. Wer sich so öffentlich äußert, wird gekündigt. Im vorliegenden Fall scheiterte die außerordentliche Kündigung an formalen Gründen, weswegen es bei einer ordentlichen Verblieb. Dennoch ändert dies nichts am Rat, sich als nicht derart auf Facebook & Co. auszulassen über seinen Arbeitgeber.

Fazit: Es steht jedem von uns zu, sich über andere zu ärgern. Und im eng begrenzten privaten Bereich steht es uns frei, offen über das zu sprechen was uns beschäftigt. Die Privatsphäre schützt uns eben auch darin, einfach mal offen zu sagen, was man öffentlich bitter bereuen würde. Doch Privatsphäre ist nicht das Internet. Echte Freunde und das wirkliche eigene Wohnzimmer kann kein Facebook, kein Forum ersetzen. Aus gutem Grund.

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Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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