Arbeitsrecht: Arbeitgeber muss beweisen, warum Note „gut“ auf Arbeitszeugnis nicht vergeben werden kann?

Das Berlin (28 Ca 18230/11) hat festgestellt, dass ein Arbeitgeber die dafür trägt, warum auf einem eine schlechtere Note als „gut“ einzutragen ist. Dazu der Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts: Auf der einen Seite ist der Arbeitgeber beweisbelastet hinsichtlich der Umstände, die Grundlage der Bewertung sind. Andererseits obliegt dem die Beweislast, wenn er eine mehr als überdurchschnittliche Bewertung erhalten möchte (BAG, 9 AZR 12/03).

Nun ist die frage, was eine durchschnittliche Leistung ist? Früher war dies wohl eine „befriedigende“ Leistung, heute aber meint das Arbeitsgericht Berlin, wäre dies nicht mehr zeitgemäß – vielmehr seine eine gute Leistung (Formulierung: „stets zur vollen Zufriedenheit“) statistisch gesehen der heutige Durchschnitt. Damit sollte der Arbeitgeber beweisen müssen, ob eine schlechtere Leistung vorliegt, wenn er schlechter bewerten möchte.

Update: Die Entscheidung aus Berlin erschien durchaus realistisch, war aber eine Einzelfallentscheidung – es blieb abzuwarten, ob sich diese Linie durchsetzt. Inzwischen wurde die Entscheidung zwar zuerst durch das Landesarbeitsgericht bestätigt, vom Bundesarbeitsgericht aber wieder aufgehoben.

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Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (18 Sa 2133/12) hat sich der Wertung des Arbeitsgerichts Berlin ausdrücklich angeschlossen:

Zur Beurteilung dieser Üblichkeit hat das Arbeitsgericht sich auf eine Studie des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Sozialpsychologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg aus dem Jahre 2011 gestützt. Dem schließt sich die erkennende Berufungskammer an.

Die Studie hat 802 Arbeitszeugnis aus den Branchen Dienstleistung, Handwerk, Handel und Industrie ausgewertet und kam zu dem Ergebnis, dass 38,8% der Zeugnisse der Leistungsbewertung 1 oder 1,5 des üblichen Notensystems, 48,5% der Zeugnisse der Note 2 oder 2,5, 11,6% der Note 3 oder 3,5, 0,6% der Note 4 sowie 0,5% schlechter als 4 zuzuordnen waren.

Diese Studie wird durch eine Auswertung von 1.000 Arbeitszeugnissen durch die Personalberatungsgesellschaft Personalmanagement Services aus März 2010 gestützt. Bei 963 mit einer Leistungszusammenfassung versehenen Arbeitszeugnissen waren die Leistungen in 33,2% der Fälle mit sehr gut, in 35,1% der Fälle mit gut, in 15,8% der Fälle durchschnittlich, in 3,3% der Fälle unterdurchschnittlich und in 0,2% der Fälle mit mangelhaft bewertet worden. (Vgl. Düwell/Dahl, „Die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung im Arbeitszeugnis“ NZA 2011, 958ff.)

Vor diesem Hintergrund kann nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer nicht mehr davon ausgegangen werden, dass es sich bei einer Leistungsbewertung mit befriedigend nach dem heutigen Verständnis des Wirtschaftslebens um eine durchschnittliche Beurteilung handelt. Denn wenn 87,3% der in 2011 ausgewerteten Zeugnisse (bzw. 68,3% der 2010 ausgewerteten Zeugnisse) (sehr) gute Leistungsbewertungen enthalten, führt dies dazu, dass ein künftiger Arbeitgeber bei der Personalauswahl Zeugnisse mit einer schlechteren Bewertung als Ausschlusskriterium betrachtet und der Arbeitnehmer damit Gefahr läuft im Bewerbungsprozess allein deswegen schlechtere Chancen zu haben.

Diese Entwicklung muss sich nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer auch im „Zeugnisberichtigungsprozess“ auswirken und zwar der Gestalt, dass die Leistungsbewertung mit gut nicht mehr als überdurchschnittlich angesehen wird, denn eine solche ist zum Durchschnitt geworden. Hieraus wiederum ist nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer zu folgern, dass die Darlegungs- und Beweislast für die seiner Beurteilungen mit befriedigend zu Grunde liegenden Tatsachen dem Arbeitgeber als Schuldner des Zeugnisanspruches aufzuerlegen ist.

Die Sache beschäftigt nunmehr das Bundesarbeitsgericht.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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