Arbeitsrecht: Zugangsvereitelung der Kündigung

Ein wichtiges Thema hat nochmals das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 483/14) angesprochen: Es geht um die Frage, ob man eine Kündigung, die einem im Betrieb „hingehalten“ wird, annehmen muss oder ob in der Verweigerung der Annahme eine Zugangsvereitelung steckt. Diese Frage ist an zwei Schnittpunkten besonders von Bedeutung: Zum einen natürlich beim Einhalten der Kündigungsfrist für den Arbeitgeber; darüber hinaus aber auch für die Frist der , die mit Erhalt der Kündigung zu laufen beginnt.

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Das BAG bestätigt, dass man im Betrieb mit dem Erhalt einer Kündigung rechnen muss und diese auch grundsätzlich entgegen zu nehmen hat. Wer die Annahme verweigert läuft Gefahr, später die Frist falsch zu berechnen.


Aus der Entscheidung:

Eine verkörperte Willenserklärung geht unter Anwesenden zu – und wird damit entsprechend § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam -, wenn sie durch Übergabe in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt (st. Rspr., zuletzt BAG 4. November 2004 – 2 AZR 17/04 – zu B I 2 a der Gründe mwN). Es kommt nicht darauf an, ob der Empfänger die Verfügungsgewalt über das Schriftstück dauerhaft erlangt (BAG 4. November 2004 – 2 AZR 17/04 – zu B I 2 b der Gründe; 7. Januar 2004 – 2 AZR 388/03 -). Es genügt die Aushändigung und Übergabe, so dass er in der Lage ist, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BAG 4. November 2004 – 2 AZR 17/04 – zu B I 2 c der Gründe mwN). Das Schreiben muss so in seine tatsächliche Verfügungsgewalt gelangen, dass für ihn die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht (für einen Zugang unter Abwesenden vgl. BAG 11. November 1992 – 2 AZR 328/92 – zu III 1 der Gründe). Der Zugang einer verkörperten Willenserklärung unter Anwesenden ist daher auch dann bewirkt, wenn das Schriftstück dem Empfänger mit der für ihn erkennbaren Absicht, es ihm zu übergeben, angereicht und, falls er die Entgegennahme ablehnt, so in seiner unmittelbaren Nähe abgelegt wird, dass er es ohne Weiteres an sich nehmen und von seinem Inhalt Kenntnis nehmen kann. Es geht dagegen nicht zu, wenn es dem Empfänger zum Zwecke der Übergabe zwar angereicht, aber von dem Erklärenden oder Überbringer wieder an sich genommen wird, weil der Empfänger die Annahme abgelehnt hat. In diesem Fall ist das Schreiben zu keinem Zeitpunkt in dessen tatsächliche Verfügungsgewalt gelangt.

bb) Verhindert der Empfänger durch eigenes Verhalten den Zugang einer Willenserklärung, muss er sich so behandeln lassen, als sei ihm die Erklärung bereits zum Zeitpunkt des Übermittlungsversuchs zugegangen. Nach Treu und Glauben ist es ihm verwehrt, sich auf den späteren tatsächlichen Zugang zu berufen, wenn er selbst für die Verspätung die alleinige Ursache gesetzt hat (BAG 18. Februar 1977 – 2 AZR 770/75 – zu A II 3 d der Gründe; vgl. auch BGH 13. Juni 1952 – I ZR 158/51 -). Sein Verhalten muss sich als Verstoß gegen bestehende Pflichten zu Sorgfalt oder Rücksichtnahme darstellen (vgl. BAG 22. September 2005 – 2 AZR 366/04 – zu II 2 a der Gründe). Lehnt der Empfänger grundlos die Entgegennahme eines Schreibens ab, muss er sich nach § 242 BGB jedenfalls dann so behandeln lassen, als sei es ihm im Zeitpunkt der Ablehnung zugegangen, wenn er im Rahmen vertraglicher Beziehungen mit der Abgabe rechtserheblicher Erklärungen durch den Absender rechnen musste (BAG 11. November 1992 – 2 AZR 328/92 – zu III 4 der Gründe; 27. Juni 1985 – 2 AZR 425/84 – zu II 2 b der Gründe; BGH 26. November 1997 – VIII ZR 22/97 – zu II 2 a der Gründe, BGHZ 137, 205; 27. Oktober 1982 – V ZR 24/82 – zu B der Gründe mwN). Voraussetzung dafür, dass der Adressat eine Erklärung als früher zugegangen gegen sich gelten lassen muss, ist es, dass der Erklärende seinerseits alles Zumutbare dafür getan hat, dass seine Erklärung den Adressaten erreicht (BAG 22. September 2005 – 2 AZR 366/04 – zu II 2 a der Gründe; 27. Juni 1985 – 2 AZR 425/84 – zu II 2 b der Gründe). (…)

Es kommt allein darauf an, ob die Klägerin nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verpflichtet war, unter den gegebenen Umständen ein Kündigungsschreiben entgegenzunehmen, welches ihr eine Vertreterin der Arbeitgeberin zum Zwecke der Übergabe reichte. Dies ist zu bejahen. Ein muss regelmäßig damit rechnen, dass ihm anlässlich einer im Betrieb stattfindenden Besprechung mit dem Arbeitgeber rechtserhebliche Erklärungen betreffend sein Arbeitsverhältnis übermittelt werden. Der Betrieb ist typischerweise der Ort, an dem das Arbeitsverhältnis berührende Fragen besprochen und geregelt werden (BAG 27. November 2003 – 2 AZR 135/03 – zu B II 3 b cc (3) iVm. B II 3 b der Gründe, BAGE 109, 22). Ob tatsächlich mit einer Kündigung zu rechnen war, ist nicht entscheidend. Hier war der Klägerin nach dem Vorbringen der Schuldnerin aber sogar unmittelbar vor dem behaupteten Übergabeversuch ausdrücklich angekündigt worden, sie solle eine Kündigung erhalten. Ein berechtigter Grund, die Annahme des Schriftstücks in dieser Situation zu verweigern, ist weder vorgetragen noch objektiv ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist es unerheblich, ob sich die Klägerin laienhaft gegen die Kündigung hat wehren wollen. Gerade darin läge eine ungerechtfertigte Annahmeverweigerung. Auf ein Verschulden des Adressaten kommt es nicht an (BAG 18. Februar 1977 – 2 AZR 770/75 – zu A II 3 d der Gründe; vgl. auch BGH 13. Juni 1952 – I ZR 158/51 -). Von Bedeutung ist allein, ob objektiv ein Verstoß gegen Treu und Glauben gegeben ist. Das ist hier nach dem Vorbringen der Schuldnerin nicht auszuschließen. Ein Arbeitgeber darf darauf vertrauen, einem Arbeitnehmer während einer Besprechung im Betrieb eine schriftliche Willenserklärung in Bezug auf das Arbeitsverhältnis übermitteln zu können. Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf Seiten des Arbeitnehmers als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis gemäß § 241 Abs. 2 BGB gebietet es, die Entgegennahme nicht grundlos zu verweigern. Dies gilt schon deshalb, weil es dem Arbeitgeber auf einen Zugang zu diesem Zeitpunkt ankommen kann. Ob die auszuhändigende Erklärung tatsächlich fristgebunden und dem Arbeitnehmer dies bewusst ist, ist nicht ausschlaggebend. Dies steht nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom 7. November 2002 (- 2 AZR 475/01BAGE 103, 277). Zwar sollte in dem ihr zugrunde liegenden Fall erkennbar eine Kündigung zugestellt werden, die eine Frist wahren musste. Das bedeutet aber nicht, eine treuwidrige Zugangsvereitelung komme nur unter dieser Voraussetzung in Betracht.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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