Ansprüche nach einer Markenrechtsverletzung – wegen Unterlassen

Der (I ZR 61/20) konnte sich sehr umfangreich zu Unterlassungsansprüchen äußern, die wegen einer Verletzung eines Schutzrechts im Raum stehen – nicht nach einer Handlung, sondern nach einem Unterlassen. Dabei führt der BGH aus, dass Ansprüche wegen der Verletzung eines Ausschließlichkeitsrechts nach den allgemeinen Grundsätzen voraussetzen, dass ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem als pflichtwidrig geltend gemachten Verhalten (Tun oder Unterlassen) und der Beeinträchtigung des geschützten Rechts vorliegt.

Störerhaftung bei Handeln Dritter?

Hervorzuheben in der Entscheidung ist die, in einer Randnotiz, getroffene Klarstellen, dass man nicht in die „rutscht“, wenn Dritte eigenverantwortlich handeln. Der BGH scheint hier zumindest in die bisherige Rechtsprechung hinein zu grätschen:

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann eine die Störerhaftung des Beklagten begründende Verhaltenspflicht auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Pflicht zur Störungsbeseitigung nach Kenntniserlangung von der Rechtsverletzung bejaht werden.

(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe spätestens nach Kenntniserlangung von den „rechtswidrigen Programmen“ auch diesen Störungszustand abstellen müssen, indem er alles ihm Mögliche und Zumutbare hätte tun müssen, um die Rechtsverletzung zeitnah abzustellen. Das Berufungsgericht ist insoweit von den Feststellungen im Urteil des Landgerichts ausgegangen, nach denen der Beklagte von den Rechtsverletzungen zunächst keine Kenntnis gehabt, sondern diese erst durch die der Kläger erhalten hat. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

(2) Die bloße Kenntniserlangung von ohne einen eigenen Beitrag verursachten oder risikoerhöhend geförderten, sondern durch eigenverantwortlich handelnde Dritte begangenen Markenverletzungen begründet bereits keine Garantenstellung des Beklagten als einem in der durch die Festprogramme angekündigten Band lediglich gelegentlich mitspielenden Musiker. Das Berufungsgericht hat überdies nicht festgestellt, ob und gegebenenfalls durch welches Verhalten es dem Beklagten möglich und zumutbar gewesen wäre, die Fortsetzung der durch die Festveranstalter begangenen Markenverletzungen zu unterbinden.

Ich bin zugegeben etwas verunsichert: Zum einen ist die Wortwahl deutlich – auf der anderen Seite, wenn man an die Situation nach Abgabe einer denkt, dürfte schon die Abgabe der Unterlassungserklärung den Pflichtenkreis erweitern. Insoweit erinnert die Wortwahl des BGH zwar frappierend an die Begründungen der OLG bei der „Nachkontrolle“ nach Abgabe einer Unterlassungserklärung, dürfte aber wohl nicht unreflektiert auf diese zu übertragen sein.

Ansprüche nach einer Markenrechtsverletzung - wegen Unterlassen - Rechtsanwalt Ferner

Jens Ferner

Fachanwalt für IT-Recht

Annahme des Zurechnungszusammenhangs

Das Grunderfordernis für die Annahme eines Zurechnungszusammenhangs ist für den BGH, im Rahmen sowohl der vertraglichen als auch der deliktischen Haftung, die Verursachung im logisch-naturwissenschaftlichen Sinn. Nach der insoweit anzuwendenden Äquivalenztheorie ist jede Bedingung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Besteht das dem Verletzer vorgeworfene Verhalten in einem Unterlassen, ist dann mit dem BGH zu fragen, ob eine pflichtgemäße Handlung den Eintritt der Rechtsgutsverletzung verhindert hätte.

Die Rechtsprechungsgrundsätze, nach denen Handlungen Dritter dem in Anspruch Genommenen als eigene Handlungen zugerechnet werden, wenn er sich diese zu eigen gemacht hat, betreffen nicht die zunächst festzustellende Verursachung im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne. Betroffen ist vielmehr – ebenso wie bei der Kategorie der Täterschaft und Teilnahme – die der Feststellung der äquivalenten Kausalität nachgelagerte normative Zurechnung, bei der zu fragen ist, nach welchen Kriterien sich die Haftung bestimmt, wenn mehrere Personen einen für die Rechtsverletzung äquivalent kausalen Beitrag geleistet haben:

Für die Haftung als Täter oder Teilnehmer einer deliktischen Handlung wie einer Markenrechtsverletzung gelten die strafrechtlichen Grundsätze zur Täterschaft und Teilnahme. Täter ist danach, wer die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 25 Abs. 2 StGB) erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken. Maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme ist die Tatherrschaft.

Danach ist Täter, wer den zum Erfolg führenden Kausalverlauf beherrscht, während als Teilnehmer verantwortlich ist, wer einem mit Tatherrschaft handelnden Dritten Hilfe leistet oder dessen Tatentschluss hervorruft. Fehlen die objektiven oder subjektiven Voraussetzungen einer Haftung als Täter oder Teilnehmer, kommt lediglich eine allein zur Unterlassung und Beseitigung verpflichtende Verantwortlichkeit als Störer in Betracht. Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Prüfung der Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit in einem Unterlassen liegt.

Auch dann kommt bei einer durch mehrere Personen verursachten Rechtsverletzung sowohl eine Täter- oder Teilnehmerhaftung als auch eine Störerhaftung in Betracht. In allen Fällen schließt die Tatherrschaft des unmittelbar Handelnden die Annahme aus, er werde als Tatmittler von einem bloß mittelbar oder tatferner Handelnden beherrscht. In Betracht kommt dann allenfalls Mittäterschaft, die eine gemeinschaftliche Tatbegehung und damit ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken voraussetzt

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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