Das OLG München (4 OLG 13 Ss 571/13) hat festgestellt, dass der Schriftzug „ACAB“ auf einer Hose den Tatbestand der Beleidigung erfüllen kann. Dies jedenfalls dann, wenn er gegenüber einem zahlenmäßig überschaubaren und gegenüber der Gesamtgruppe klar umgrenzbaren Kreis von zum Kollektiv gehörenden Personen gezeigt wird. Dies ist mit dem OLG bei Polizeibeamten, die an einem konkreten Einsatz teilnehmen, der Fall.
Entscheidung: ACAB auf Hose ist Beleidigung
Es ging hierbei nicht darum, dass der Betroffene die Aufschrift zielgerichtet im Einzelfall (provozierend) gezeigt hat. Die Aufschrift war vielmehr in auffallender Größe auf der Hose aufgebracht, die der Betroffene zu einem Fußballspiel getragen hat. Es wäre also durchaus vertretbar, die Frage zu stellen, inwieweit hier überhaupt ein Vorsatz vorliegt. Dies bejaht das OLG mit wenigen Zeilen:
Er wusste auch, dass er bei dem Besuch des Fußballspiels mit einer Anwesenheit einer größeren Zahl von Polizeibeamten rechnen musste und dass er bei seinem Gehen rund um das Stadion auf einzelne Polizeibeamte treffen wird (Seite 6 und 9 BU). Aufgrund der Größe der Aufschrift war ihm auch bewusst, dass Polizeibeamte diese wahrnehmen und sich daran stören würden (Seite 9 BU).
Es genügt dem OLG also, dass man weiss, dass man auf Polizisten trifft und diese den Schriftzug aller Erwartung nach Wahrnehmen. Ein zielgerichtetes Handeln, etwa indem man Polizisten gezielt auf den Schriftzug aufmerksam macht oder diesen hervorhebt, ist damit nicht erforderlich.
Auch ist die Personengruppe der betroffenen Polizisten überschaubar, wenn auch im Vorhinein nicht einzuschätzen:
Voraussetzung der Beleidigung einer Mehrheit einzelner Personen unter einer Kollektivbezeichnung ist, dass es sich um einen verhältnismäßig kleinen, hinsichtlich der Individualität seiner Mitglieder überschaubaren Kreis handelt, d.h. der fragliche Personenkreis muss zahlenmäßig überschaubar sein und die bezeichnete Personengruppe muss sich auf Grund bestimmter Merkmale so deutlich aus der Allgemeinheit hervorheben, dass der Kreis der Betroffenen klar umgrenzt ist (Lenckner/Eisele aaO vor § 185 Rdn. 7, 7a, 7b; OLG München 5. Strafsenat Beschluss vom 19.10.2010 Az.: 5 StRR (II) 315/10). Da sich die herabsetzende Äußerung nach den Feststellungen des Gerichts vorliegend auf die Polizeibeamten, die als solche an dem konkreten Einsatz teilgenommen haben, bezieht, hebt sie diese Teilnahme in Verbindung mit ihrer Eigenschaft als Polizeibeamte eindeutig aus der Allgemeinheit heraus.
Fazit und Bewertung
Die Entscheidung reiht sich eine Vielzahl befremdlicher Entscheidungen, die offenkundig von dem Willen getragen sind, entsprechende öffentliche Äußerungen gleich in welcher Form möglichst einzuschränken. Dabei sollte es keine Diskussion sein, bei einer direkten (zielgerichteten) Ansprache eines Polizisten oder einer Gruppe von Polizisten eine Strafbarkeit anzunehmen.
Dass aber letztlich bereits die konkrete Möglichkeit auf Polizisten zu treffen einen Vorsatz begründet, führt zu abenteuerlichen Ergebnissen. Im hier verhandelten Fall etwa läge eine Beleidigung der Polizisten im bzw. am Stadion vor; dagegen dürften sich Polizisten bei einer vorherigen zufälligen Verkehrskontrolle nicht beleidigt fühlen, da mit diesem Kontakt nicht gerechnet werden musste durch den Betroffenen, der den Schriftzug trägt. Insgesamt kann die Rechtsprechung zum Thema nur so zusammengefasst werden, dass eine öffentliche Verwendung des Schriftzuges zu unterlassen ist, auch wenn die Strafbarkeit im Einzelfall wohl je nach Gericht eher von Zufälligkeiten abhängt.
Dazu bei uns: Übersicht zur Strafbarkeit des Schriftzuges ACAB
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