Absehen von Fahrverbot

Bei einem erheblichem Verkehrsverstoß ist ein grober bzw. beharrlicher Pflichtverstoß indiziert, dessen Ahndung mit ständiger Rechtsprechung – abgesehen von besonderen Ausnahmefällen – eines Fahrverbotes als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme bedarf.

Zeichnet sich der Sachverhalt zugunsten des Betroffenen durch wesentliche Besonderheiten aus, so kann der Tatrichter dennoch die Überzeugung gewinnen, dass trotz eines Regelfalls die Verhängung eines Fahrverbots unangemessen ist und der notwendige Warneffekt unter angemessener Erhöhung der Regelgeldbuße erreicht werden kann, wobei das Absehen vom Fahrverbot stets näher zu begründen ist.

Verlust des Arbeitsplatzes

Grundsätzlich ist durch die Gerichte anerkannt, dass die Verhängung eines Fahrverbots unter Anwendung der Regelbeispielstechnik des Bußgeldkatalogs nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 S.1 StVG dann unangemessen erscheint und daher von der Verhängung abgesehen werden kann, wenn dem Betroffenen infolge des Fahrverbots der Verlust seines Arbeitsplatzes oder zum Existenzverlust bei einem Selbstständigen führen würde und dies nicht durch zumutbare Vorkehrungen vermieden werden kann.

Angaben allein des Betroffenen nicht ausreichend

Wenn die Urteilsfeststellungen über den einen Härtefall begründenden Arbeitsplatzverlust ausschließlich auf den Angaben des Betroffenen basieren und dann eine Auseinandersetzung mit der Frage vermissen lassen, ob eine Kündigung durch den Arbeitgeber tatsächlich konkret zu befürchten ist, wird es hässlich:

Der Tatrichter hat jedoch im Urteil darzulegen, aus welchen Gründen er diese Angaben für glaubhaft erachtet, um Missbrauch auszuschließen und dem Rechtsbeschwerdegericht eine Entscheidung auf fundierter Tatsachengrundlage zu ermöglichen (OLG Bamberg, Beschl. v. 22.01.2009 – 2 Ss OWi 5/09, NZV 2010, 46OLG Hamm, Beschl. v. 03.03.2022 – 5 RBs 48/22, BeckRS 2022, 5633 Tz. 31; König, in: Hentschel aaO., § 25 StVG Rn. 26 m.w.N.). Die Aufklärungspflicht des Tatrichters bestimmt sich dabei nach § 77 Abs. 1 OWiG. Dementsprechend darf sich die Begründung im Urteil nicht in einer unkritischen Wiedergabe der Einlassung des Betroffenen erschöpfen.

Die angefochtene Entscheidung enthält jedoch keine tragfähigen Erwägungen zu der Glaubhaftigkeit der Angaben des Betroffenen. Das Tatgericht führt allein aus, dass die Annahme der Voraussetzungen für das Absehen eines Fahrverbotes auf den Angaben des Betroffenen beruhen. Die daran anschließenden Urteilserwägungen, ob Zweifel am Zutreffen der Angaben des Betroffenen aufgekommen seien, beziehen sich lediglich auf die Einlassung des Betroffenen hinsichtlich des ihm vorgeworfenen Geschwindigkeitsverstoßes. Auch die vom Tatgericht gewählte Formulierung, wonach „in der Regel kein Urlaub genommen werden darf“ indiziert, dass sich diese vom Tatgericht gezogene Schlussfolgerung nur als eine Annahme bzw. bloße Vermutung erweist.

Gleichzeitig hat sich das Amtsgericht im Rahmen der Begründung des Rechtsfolgenausspruches nur auf einen möglichen Arbeitsplatzverlust und auf seine Eigenschaft als Ersttäter beschränkt. Jedoch dürfen sämtliche konkreten Umstände des Einzelfalles in objektiver und subjektiver Hinsicht in der Entscheidung nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.03.1996 – 2 BvR 616/91, NZV 1996, 284, 285).

OLG FFM, 3 Ss-OWi 415/22
Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist Spezialist für Strafverteidigung (insbesondere bei Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche, Betrug bis zu Cybercrime) sowie für IT-Recht (Softwarerecht und KI, IT-Vertragsrecht und Compliance) mit zahlreichen Publikationen. Als Fachanwalt für Strafrecht und IT-Recht vertrete ich Mandanten in komplexen Zivil- und Strafverfahren, insbesondere bei streitigen Fragen im Softwarerecht, bei der Abwehr von strafrechtlichen Vorwürfen oder Ansprüchen in der Managerhaftung sowie bei der Einziehung von Vermögenswerten. Mein Fokus liegt auf der Schnittstelle zwischen technischem Verständnis und juristischer Strategie, um Sie in digitalen Fällen und wirtschaftlichen Strafsachen effektiv zu verteidigen und zu beraten.

Erreichbarkeit: Per Mail, Rückruf, Threema oder Whatsapp.

Unsere Anwaltskanzlei ist spezialisiert auf Strafverteidigung, Cybercrime, Wirtschaftsstrafrecht samt Steuerstrafrecht sowie IT-Recht und Managerhaftung. Von Verbrauchern werden allein Strafverteidigungen übernommen - wir sind im Raum Aachen zu finden und bundesweit tätig.
Rechtsanwalt Jens Ferner
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner

Rechtsanwalt Jens Ferner ist Spezialist für Strafverteidigung (insbesondere bei Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche, Betrug bis zu Cybercrime) sowie für IT-Recht (Softwarerecht und KI, IT-Vertragsrecht und Compliance) mit zahlreichen Publikationen. Als Fachanwalt für Strafrecht und IT-Recht vertrete ich Mandanten in komplexen Zivil- und Strafverfahren, insbesondere bei streitigen Fragen im Softwarerecht, bei der Abwehr von strafrechtlichen Vorwürfen oder Ansprüchen in der Managerhaftung sowie bei der Einziehung von Vermögenswerten. Mein Fokus liegt auf der Schnittstelle zwischen technischem Verständnis und juristischer Strategie, um Sie in digitalen Fällen und wirtschaftlichen Strafsachen effektiv zu verteidigen und zu beraten.

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