Die Frage der Abschöpfung von Gewinnen aus Betäubungsmittelgeschäften, insbesondere von Cannabisverkäufen, stellt ein wesentliches Thema im deutschen Strafrecht dar. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in der Entscheidung 2 StR 458/23 mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Dieser Beitrag analysiert die Entscheidung des BGH und beleuchtet die rechtlichen Grundlagen sowie die Auswirkungen für die Betroffenen.
Sachverhalt
Der Angeklagte wurde vom Landgericht Darmstadt wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem wurde die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 348.550 Euro angeordnet. Die Taten umfassten sowohl den Handel mit Kokain als auch mit Cannabisprodukten .
Rechtliche Analyse
Anpassung des Schuldspruchs
Aufgrund der Änderungen durch das am 1. April 2024 in Kraft getretene Cannabisgesetz musste der Schuldspruch angepasst werden. Der Angeklagte wurde nun des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen und des Handeltreibens mit Cannabis in zehn Fällen schuldig gesprochen. Die Anpassung erfolgte gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO.
Einzelstrafen und Gesamtstrafe
Die Bemessung der Einzelstrafen in den Fällen 4 bis 6, 8, 9 und 11 bis 15 erfolgte auf Basis des neuen Strafrahmens gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 des Cannabisgesetzes (KCanG). Dieser sieht für besonders schwere Fälle eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor, während der zuvor angewendete Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren eröffnete.
Einziehung des Wertes von Taterträgen
Die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen wurde nur teilweise bestätigt. Für die Fälle 1 bis 4 wurde ein Betrag von 52.650 Euro als rechtmäßig erlangt angesehen. Für die übrigen Fälle (6 bis 9 und 14 bis 18) fehlten jedoch ausreichende Feststellungen, ob der Angeklagte tatsächlich Verfügungsmacht über die Erlöse hatte. Hierbei betonte der BGH, dass regelmäßige Feststellungen zur Entgegennahme der Verkaufserlöse oder Provisionen und deren Verbleib erforderlich sind:
Soll der Erlös aus Betäubungsmittel- (bzw. Cannabis-)Geschäften abgeschöpft werden, sind regelmäßig Feststellungen zur Entgegennahme der Verkaufserlöse oder Provisionen und deren Verbleib erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2023 – 4 StR 188/23, juris Rn. 11).
Eine unmittelbare Beteiligung an der Übergabe der Erlöse aus den Geschäften ist nicht erforderlich. Es genügt, ist aber auch erforderlich, dass der Beteiligte anschließend ungehinderten Zugriff auf das übergebene Geld nehmen kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. September 2019 – 5 StR 213/19, juris Rn. 8; vom 20. Dezember 2023 – 4 StR 188/23 aaO).
Fazit und Auswirkungen
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die strengen Anforderungen an die Feststellung und Nachweisführung bei der Einziehung von Taterträgen aus Betäubungsmittelgeschäften. Es reicht nicht aus, die bloße Möglichkeit der Verfügungsmacht zu behaupten; vielmehr müssen konkrete Beweise für den tatsächlichen Zugriff auf die Erlöse erbracht werden. Diese Entscheidung könnte weitreichende Auswirkungen auf zukünftige Fälle haben, da sie die Anforderungen an die Beweisführung und Dokumentation im Rahmen der Vermögensabschöpfung erheblich verschärft.
Die betroffenen Personen müssen sich darauf einstellen, dass bei unzureichender Dokumentation der Geldflüsse die Einziehung von Taterträgen möglicherweise nicht aufrechterhalten werden kann. Dies könnte in der Praxis zu vermehrten Anfechtungen und einer intensiveren Prüfung durch die Gerichte führen.
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