Die Abgrenzung zwischen Raub und räuberischer Erpressung ist ein komplexes und oft strittiges Thema im deutschen Strafrecht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in der Entscheidung 3 StR 87/24 vom 29. Mai 2024 (Aktenzeichen: 3 StR 87/24) diese Problematik behandelt. Diese Analyse beleuchtet die Entscheidung des BGH und die rechtlichen Grundlagen sowie die praktischen Auswirkungen.
Sachverhalt
Der Angeklagte wurde vom Landgericht Aurich unter anderem wegen schwerer räuberischer Erpressung und Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Im Fall II. b) der Urteilsgründe verlangte der Angeklagte von einem Geschädigten während einer Autofahrt unter Vorhalt eines Messers 3.000 € als Entgelt für zuvor erhaltenes Amphetamin. Der Geschädigte, eingeschüchtert durch das Messer und vorherige Drohungen, wies den Angeklagten auf Bargeld im Kindersitz neben ihm hin, welches der Angeklagte an sich nahm und sich mit der Beute entfernte.
Rechtliche Analyse
Abgrenzung zwischen Raub und räuberischer Erpressung
Der BGH betont, dass die Abgrenzung zwischen Raub (§ 249 StGB) und räuberischer Erpressung (§ 255 StGB) nach dem äußeren Erscheinungsbild des Tatgeschehens zu erfolgen hat. Entscheidend ist, ob der Täter dem Opfer die Sache unter Anwendung oder Androhung körperlicher Gewalt wegnimmt (Raub) oder ob das Opfer die Sache unter dieser Bedrohung herausgibt (räuberische Erpressung).
Fallbezogene Wertung
Im vorliegenden Fall wertete der BGH das Verhalten des Angeklagten als besonders schweren Raub gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Der Grund dafür liegt darin, dass der Angeklagte das Geld selbst an sich nahm, nachdem der Geschädigte auf dessen Verbleib hingewiesen hatte. Dies stellt eine Wegnahme dar, die typisch für einen Raub ist, während eine Herausgabe durch das Opfer eher eine Erpressung charakterisiert.
Qualifikationstatbestand
Der BGH bestätigte auch die Erfüllung des Qualifikationstatbestandes des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB und änderte den Schuldspruch entsprechend. Der Angeklagte wurde somit des besonders schweren Raubes schuldig gesprochen. Diese Änderung des Schuldspruchs führte jedoch zu keiner Änderung des Strafausspruchs, da der Unrechtsgehalt und der Strafrahmen unverändert blieben.
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB wurde als rechtsfehlerhaft aufgehoben, da bereits eine frühere Anordnung dieser Maßregel gegen den Angeklagten vorlag und die neue Tat vor dieser Anordnung begangen wurde. Eine erneute Anordnung war daher nicht möglich.
Fazit und Auswirkungen
Die Entscheidung des BGH unterstreicht die Bedeutung der genauen Differenzierung zwischen Raub und räuberischer Erpressung anhand des äußeren Tatgeschehens. Für die Praxis bedeutet dies, dass sowohl Strafverteidiger als auch Gerichte sorgfältig die Umstände der Tat prüfen müssen, um eine korrekte rechtliche Einordnung vorzunehmen. Die Klarstellung durch den BGH kann dazu beitragen, zukünftige Unsicherheiten und Rechtsstreitigkeiten zu reduzieren.
Die betroffenen Personen müssen sich bewusst sein, dass die Einordnung als Raub oder räuberische Erpressung erhebliche Auswirkungen auf den Strafrahmen und die Strafzumessung haben wird. Diese Entscheidung betont die Notwendigkeit einer genauen und differenzierten Betrachtung des Tatgeschehens, um eine gerechte und rechtlich korrekte Bewertung zu gewährleisten.
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