Impressumspflicht: Händler muss auf Anfragen innerhalb von 60 Minuten antworten?

Das Landgericht Bamberg (1 HK O 29/12) hat angeblich (dazu im Shopbetreiber-Blog) festgestellt, dass dann wenn keine Telefonnummer angegeben ist, nicht nur ein Kontaktformular vorgehalten werden soll, sondern bei Anfragen darüber innerhalb von 60 Minuten geantwortet werden muss. Hintergrund ist, dass einmal im Antrag u.a. folgendes zu lesen war:

Ferner geben die Verfügungsbeklagten unter dem Reiter „Rechtliche Informationen des Anbieters“ lediglich deren Anschrift und eine E-mail-Adresse an. Ein Kommunikationsweg, auch welchem innerhalb von 60 Minuten Anfragen des Verbrauchers beantwortet werden können, wird nicht gegeben.

Das Gericht selber schreibt später aber nichts mehr zu einer Minutenzahl, sondern nur noch

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG müssen Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbar Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post erfolgen. […]
Die Verfügungsbeklagtengeben im nur eine postalische Erreichbarkeit und eine E-mail-Adresse an. Es wurde von ihnen als Verantwortliche des Telemedienauftritts allerdings unterlassen, eine Möglichkeit anzugeben, mit der eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und eine unmittelbare Kommunikation möglich ist.

Im Kern war also gar keine andere Kontaktmöglichkeit vorhanden, weswegen nach meiner Lesart das Gericht sich zu Minutenzahlen gar nicht mehr äußern musste. Im Kern ist dies korrekt. Dass man auf Anfragen innerhalb von 60 Minuten reagieren muss ist damit m.E. gerade nicht erklärt.

Auch die Rechtsprechung des EUGH (C‑298/07) zu dieser Frage wird m.E. falsch verstanden. So ist verbreitet, dass der EUGH entschieden haben soll, man muss mit einem Kontaktformular eine Reaktionszeit von 30-60 Minuten anbieten, weil dies beim EUGH zu lesen ist:

Es trifft zu, dass eine elektronische Anfragemaske als unmittelbarer und effizienter Kommunikationsweg im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der angesehen werden kann, wenn der Diensteanbieter, wie sich im Ausgangsverfahren aus den Akten ergibt, auf Anfragen der Verbraucher innerhalb von 30 bis 60 Minuten antwortet.

Tatsächlich aber hat der EUGH hier nicht gesagt, dass man innerhalb von 30-60 Minuten antworten muss, sondern dass im konkreetn Fall, wenn innerhalb von 30-60 Minuten geantwortet wurde, dies auf jeden Fall ausreichend ist. Damit ist dies aber noch lange keine Obergrenze! In der letztlich Antwort auf die Frage des nationalen Gerichts liest man am Ende von Minuten auch gar nichts mehr:

Nach alledem ist auf die vorgelegten Fragen zu antworten, dass Art. 5 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der Diensteanbieter verpflichtet ist, den Nutzern des Dienstes vor Vertragsschluss mit ihnen neben seiner Adresse der elektronischen Post weitere Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine schnelle Kontaktaufnahme und eine unmittelbare und effiziente Kommunikation ermöglichen. Diese Informationen müssen nicht zwingend eine Telefonnummer umfassen. Sie können eine elektronische Anfragemaske betreffen, über die sich die Nutzer des Dienstes im Internet an den Diensteanbieter wenden können, woraufhin dieser mit elektronischer Post antwortet; anders verhält es sich jedoch in Situationen, in denen ein Nutzer des Dienstes nach elektronischer Kontaktaufnahme mit dem Diensteanbieter keinen Zugang zum elektronischen Netz hat und diesen um Zugang zu einem anderen, nichtelektronischen Kommunikationsweg ersucht.

Insofern erscheint es mir verfehlt, von einer Antwortpflicht zu sprechen. Vielmehr muss man realistisch auf die Angelegenheit blicken: Das Kontaktformular soll die Telefonnummer ersetzen. Auch bei einer Telefonnummer ist eine Erreichbarkeit – vor allem rund um die Uhr – nicht gewährleistet. Insgesamt wird man sagen können, dass zeitnahe Reaktionen (wenn hier ein Autoresponder nicht ohnehin ausreicht) bei einem Kontaktformular nur zu bestimmten Uhrzeiten zu erwarten sind. Und so wie Telefonleitungen überlastet sind, dürfen auch EMail-Anfragen mal „überlastet“ sein – und ein Autoresponder, der eine zeitnahe Bearbeitung zusagt, ist genauso ausreichend, wie die Bandansage, dass man später anrufen soll.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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