BGH konkretisiert Rechtsprechung: Besitz an Dateien im Cache

Bisher unbeachtet hat der (2 StR 151/11) seine Rechtsprechung zur Besitzerlangung von Daten konkretisiert, die (nur) in den Cache geladen werden. Typischerweise spielt dies im Bereich kinderpornographischer Schriften eine Rolle. Den Ursprung nahm die Rechtsrechung in einer früheren Entscheidung des BGH (BGH, 1 StR 430/06), als dieser kurz und recht lapidar meinte:

Auch mit der bloßen Speicherung solcher Dateien im Cache-Speicher eines PC-Systems erlangt dessen Benutzer Besitz […] weil es ihm möglich ist, jederzeit diese Dateien wieder aufzurufen, solange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht wurden.

Dies führte mit der dann folgenden Rechtsprechung dazu, dass bereits das Betrachten kinderpornographischer Schriften am PC einen illegalen Besitz begründete, da hierbei automatisch Daten in irgendeinem Cache abgelegt werden – zumal zum Schluss gar die nicht zu verhindernde Speicherung im Arbeitsspeicher darunter gefasst wurde.

Überblick
Diese Entscheidung war der Beginn einiger oberlandesgerichtlicher Entscheidungen zum Thema. Das HansOLG (1-53/08, 1 Ss 180/08) griff dies auf und erklärte, dass ein Besitzwille notwendig ist, der bei umgehender Löschung zu verneinen ist. Später ging das OLG Hamburg (2 – 27/09) aber weiter und sah gleich jedes Laden in den Arbeitsspeicher als besitzbegründend an. Anhand eines Aufsatzes hatte ich schon 2009 deutlich gemacht, dass die Begrifflichkeiten in technischer Hinsicht ohnehin laufend falsch genutzt werden.

Der BGH erneut zum Thema
Nunmehr stellt der BGH (2 StR 151/11) klar:

Dateien werden bei ihrem Aufruf im Internet regelmäßig im Cache-Speicher der Festplatte gespeichert. Mit diesem Speichern einer Datei im Cache-Speicher erlangt der Nutzer hieran Besitz – sofern er sich des Vorhandenseins dieser Daten bewusst ist – da es ihm möglich ist, diese jederzeit wieder aufzurufen, solange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht werden […]

Damit macht der BGH folgendes deutlich

  1. Anknüpfungspunkt ist offenkundig nicht bereits das Laden in den Arbeitsspeicher, sondern wenn, dann ist auf den „Cache“ abzustellen
  2. Der BGH konkretisiert im Vergleich zu früher und spricht nicht mehr vom Cache im PC-System, sondern ganz klar vom Festplatten-Cache, womit wohl der Browser-Cache auf der Festplatte gemeint ist. amit wird OLG Hamburg (2 – 27/09) abgelehnt.
  3. Die frühere Entscheidung wird hinsichtlich des Vorsatzes erweitert: Der Betroffene muss sich des Vorhandenseins dieser Daten bewusst sein, womit die frühere Entscheidung des OLG Hamburg (1-53/08, 1 Ss 180/08) bestätigt wird.

Eine Besitzbegründung wird damit mit dem BGH nicht bereits beim reinen Betrachten von kinderpornographischen Schriften am PC mehr anzunehmen sein. Wenn, dann muss im Bewusstsein des Betrachters eine Cache-Speicherung vorgenommen werden, die nicht unmittelbar danach wieder gelöscht wird. Gerade die Nutzung des so genannten „Privatmodus“ im Firefox oder Chrome sollte damit nicht mehr Besitz begründend wirken!

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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