Urheberrecht: Zur Entschädigung bei unerlaubter Verwendung eines Gedichts

Das Amtsgericht Düsseldorf (57 C 14084/10) hatte sich mit einem Online-Magazin zu befassen, das durch Werbeeinnahmen finanziert wird und auf dem, ohne Zustimmung des Verfassers, über einen Zeitraum von vier Monaten ein Gedicht veröffentlicht wurde. Das Amtsgericht hat diesbezüglich folgendes festgestellt:

  1. Der Rechteinhaber und Verfasser des Gedichts hat vorgetragen, üblicherweise 0,75 Euro pro Zeichen zu erhalten und verlangte daher 600 Euro Schadensersatz von dem Verwender. Der fand das überhöht, das Amtsgericht folgte dem aber nicht. Zum einen gab es keine Anhaltspunkte, um zu erkennen, dass es sich bei diesem Preis um einen Phantasiepreis handeln würde. Zum anderen meint das Amtsgericht Düsseldorf, dass selbst bei der Erstellung einfachsten Fotos, deren Aufwand erheblich hinter dem der Erstellung eines Gedichts zurück bleibt, mindestens 100 Euro von der Rechtsprechung zugebilligt werden. Insofern erschiene die Berechnung angemessen.
  2. Der in der angesetzte Streitwert in Höhe von 6000 Euro wurde nicht bemängelt.
  3. Eine Kostendeckelung nach §97a II UrhG kommt mit dem Amtsgericht nicht in Betracht, da die Webseite Werbeanzeigen geschaltet hatte, was einer Verwendung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs widersprechen soll. Die Kostendeckelung der Anwaltskosten des „Abmahners“ auf 100 Euro wurde vom Gesetzgeber bewusst geschaffen, ob Abmahnungen im privaten/familiären Umfeld für Betroffene erträglicher zu gestalten.

Gerade Punkt 3 sollte Beachtung finden: Während Amtsgericht und Landgericht Köln keine Verwendung im geschäftlichen Verkehr erkennen will, wenn man kopierte Fotos im Rahmen von -Auktionen verwendet, soll die Sachlage bei der Erzielung von Werbeeinnahmen durch Werbebanner etwas anderes sein. Dazu das Amtsgericht Düsseldorf:

§ 97a Abs. 2 UrhG, der eine Begrenzung der Erstattung auf 100,- € vorsieht, ist nicht einschlägig, da die Verletzung nicht außerhalb des geschäftlichen Verkehrs erfolgt ist. Unter letzterem versteht man jede wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Markt, die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks zu dienen bestimmt ist; der Begriff ist nach dem Willen des Gesetzgebers weit auszulegen (Dreier/Schulze, § 97a Rn. 18). Letztlich profitieren von der Deckelung also nur reine Privatpersonen. Der Beklagte hat den streitgegenständlichen Text im Rahmen der Gestaltung seines Online-Magazins verwendet. Aus dieser Tätigkeit hatte er – dies hat er im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingeräumt – zum damaligen Zeitpunkt noch Werbeeinnahmen erzielt. Es lag damit ein geschäftliches Handeln vor, welches eine Deckelung vollständig ausschließt.

Die Entscheidung überzeugt an dem Punkt, mit dieser Begründung, nicht. Auch im Urheberrecht sind Gewerblich, Gewinnerzielungsabsicht und Geschäftlich vollkommen verschiedene Begrifflichkeiten, die nicht nur in dieser Entscheidung wild durcheinander gewürfelt werden. Dennoch zeigt sich bei der Kostendeckelung des §97a II UrhG zunehmend das Risiko, dass Amtsgerichte diese nicht zur Anwendung bringen möchten, wenn Werbebanner auf der betroffenen Webseite gezeigt werden. Die Problematik dürfte sich speziell für privat organisierte Foren – wo für den Forenbetreiber zumindest eine Haftung als Störer droht – zunehmend auswirken. Dazu kommt die Problematik, dass private Webseitenbetreiber auch für Urheberrechtsverletzungen als Störer einstehen könnten (dazu hier), und dann mangels Kostendeckelung mit erheblichen Forderungen konfrontiert werden.

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Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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