Selbstgemachtes Verkaufen – Rechtsfragen beim Verkauf handgemachter Sachen

Handgemachte Artikel sind wieder schwer in Mode, Konsumenten wissen Individualität und auch Qualität selbstgemachter Waren immer stärker zu schätzen – und Plattformen wie Dawanda gewinnen weiterhin enorm an Beliebtheit. Doch daneben etabliert sich auch das Modell, dass Geschäftslokale für Kleinunternehmer entstehen, die hier Ladenfläche mieten und ihre selbst gemachten Produkte ausstellen können. Eine Bereicherung für Konsumenten und die Gelegenheit für viele, zumindest zu versuchen ein kleines Zubrot zu verdienen.

Doch Vorsicht: Einfach so verkaufen, so einfach ist es nicht. Ein paar Hinweise für Startups.

Selbstgemachte Waren: Einfach Verkaufen gibt es nicht

Es wäre zu schön: Einen Pullover stricken und kurzerhand verkaufen. Doch so einfach ist es (leider) nicht. Egal ob man nur einen bis zwei Pullover verkauft oder gleich 100 – die Regeln bleiben gleich. Und da gibt es überraschend viele gesetzliche Regelungen in den Gebieten, die Selbstgemachtes berühren.

Grundsätzlicher Überblick

Ich sehe dabei vor allem fünf Bereiche: , Accessoires, , Kosmetik und Möbel. Und überall gibt es Regeln:

Produktsicherheit

Erst einmal allgemein ist das Produktsicherheitsgesetz zu beachten, das bei allen Produkten gilt, die man als Hersteller in den Markt einführt bzw. auf dem Markt bereit stellt. Dieses verlangt ganz allgemein die Einhaltung der Sicherheit der Verbraucher (§3) und hat mitunter auch ganz konkrete Anforderungen, wie etwa zum (§7, dazu hier mehr von mir). Das bedeutet, gerade bei Produkten die mit dem Körper in Kontakt kommen (speziell bei Bekleidungsartikeln oder Kosmetik) muss die Gefahr gesehen werden, dass bei einer Schädigung des Körpers Schadensersatzansprüche auf den Hersteller zukommen, auch wenn man gar nicht selber verkauft hat. Dies etwa schon dann, wenn man Allergien durch fehlerhaft verarbeitete Stoffe ausgelöst hat.

Verkauf von Textilien

Wenn es um Textilien geht, merkt man erstmals, wie dicht das Regelgeflecht ist. Wenn man etwa in der Textilkennzeichnungsverordnung grob nachliest, was dort geklärt ist, verdeutlicht sich schnell, dass „einfach verkaufen“ nicht drin ist. Hier ist dann unter anderem Vorgesehen, dass Textilien zwingend mit einem Etikett zu versehen sind (dies gilt beispielsweise selbst für Putztücher!) und bestimmte Informationen bereit zu halten sind. Dabei wird dann auch geklärt, dass bestimmte Bezeichnungen wie „Seide“ nur bei bestimmten Umständen verwendet werden dürfen.

Verkauf von Spielzeug

Bei Spielzeug wird es richtig schwierig, da hier letztlich eine Konformität (CE-Kennzeichen) sichergestellt sein muss und die „Zweite Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz“ einzuhalten ist. Hier gibt es auch weitreichendere Kennzeichnungspflichten (allerdings findet die Textilkennzeichnungsverordnung keine Anwendung, siehe dort Anhang V). Beachten Sie unsere Beiträge zur Spielzeugverordnung.

Verkauf von Kosmetika

Mit Überraschung muss ich immer wieder sehen, dass selbstgemachte Kosmetika äusserst beliebt sind. Dabei ist gerade dieser Verkauf aus meiner Sicht mit ganz erheblichen Risiken verbunden – dies auf zwei Ebenen:

Produkthaftung

Nochmals hervor zu heben ist das erhebliche Risiko, wenn gezielt Waren auf den Markt gebracht werden, die mit dem Körper in Berührung kommen müssen und auch zwingend auf diesen einwirken müssen. Auch wenn man „nur natürliche Zutaten“ verwenden, muss einem klar sein, dass die Risiken hier nicht überschaubar sind: Von bisher unbekannten Allergien bis zu unvorhergesehenen Reaktionen. Und gerade wenn man die natürlichen Zutaten nicht selber herstellt sondern seinerseits einkauft, darf man nicht die Augen vor dem Risiko verschliessen, dass die Zutaten selbst vielleicht bereits verunreinigt sind. Dabei gibt es Kausalitäten, die häufig übersehen werden, etwa wenn die (leicht) verunreinigte Grundzutat für sich keine Reaktionen auslöst, aber zusammen mit einer anderen Zutat – ggfs. erst nach längerer Zeit der ungekühlten Lagerung – dann zu Reaktionen führt. Zwar gibt es für kleinste Verunreinigungen eine Ausnahmeklausel in der Verordnung – diese aber ist sehr eng zu verstehen und lässt Schadensersatzansprüche unberührt. Aus eben diesem Grund müssen Kosmetikhersteller auch Sicherheitsbewertungen ihrer Produkte vornehmen und eine Produktinformationsdatei führen (beides machen Hobby-Hersteller regelmäßig nicht).

Kennzeichenpflichten

Zuvorderst ist die EU-Kosmetikverordnung zu beachten, diese finden Sie mit weiteren Informationen zur EU-Kosmetikverordnung hier bei uns. Diese sieht diverse Pflichtangaben vor, deren Fehlen in der Praxis ständig zu bemängeln ist: Chargennummer, Mindesthaltbarkeitsdatum, Verwendungshinweise, Zutatenliste – alles Dinge, die man gerne vergisst wenn es darum geht, sein selbstgemachtes Kosmetikprodukt auf den Markt zu bringen. Selbst wenn gibt es immer noch Probleme, da die schöne Verpackung nicht mit den Vorgaben zu vereinen ist, dass die Pflichtangaben „unverwischbar“ aufgebracht werden müssen – und für eine entsprechende Umverpackung ist kein Geld da.

Bewerbung von Kosmetika

Und dann ist bei der Bewerbung des Produktes – hierzu zählt auch die grafische Aufmachung der Verpackung – noch Artikel 20 der Verordnung zu bedenken:

Bei der Kennzeichnung, der Bereitstellung auf dem Markt und der Werbung für kosmetische Mittel dürfen keine Texte, Bezeichnungen, Warenzeichen, Abbildungen und andere bild­ hafte oder nicht bildhafte Zeichen verwendet werden, die Merk­ male oder Funktionen vortäuschen, die die betreffenden Erzeugnisse nicht besitzen.

Es existiert dabei eine Liste mit zulässigen Werbeaussagen bzw. Richtlinien hierfür, diese finden Sie auf unserer Seite zur EU-Kosmetikverordnung.

Pflichten für Händler

Und auch wenn man selber nur verkauft und die Kosmetika nicht selber herstellt ist man mit Pflichten konfrontiert – so müssen die Verkäufer von Kosmetika in eigener Verantwortung prüfen, ob die Kennzeichnungspflichten eingehalten sind. Und ebenfalls müssen Händler in eigener Verantwortung handeln, wenn es für Sie Grund zur Annahme gibt, dass ein kosmetisches Mittel unsicher sein kann.

Gewährleistung bedenken

Es mag abschrecken, aber: Denken Sie an die Gewährleistung! Wenn Sie als Startup ihren ersten selbstgemachten Pullover selber verkaufen, gilt eine Gewährleistung von 2 Jahren, die sie auch nicht verkürzen können. Hier droht also zum einen Ungemach mit Kunden (was man klären kann), aber eben auch finanzielle Unsicherheit, wenn man vergisst einzukalkulieren, dass es immer irgendwelche Rückläufer gibt.

Thema: Sie denken daran, dass es ein Produkthaftungsgesetz gibt (siehe oben), dass ihnen als Hersteller eine Unabdingbare Haftung aufzwingt?

Die Gewährleistung trifft natürlich nur den Verkäufer – wenn Sie also nicht selber verkaufen sondern ausschließlich Abnehmer haben, die für Sie dann verkaufen, trifft Sie nicht unmittelbar die Gewährleistung. Allerdings trifft es Sie gleichwohl mittelbar, denn der Verkäufer kann Sie als Lieferanten in Regress nehmen, wenn er wegen eines Mangels eine Sache zurücknehmen muss (§478 BGB).

Verkauf im Fernabsatz

Wenn Sie im Internet verkaufen oder ganz allgemein per Versand verkaufen, denken Sie daran, dass ihre Kunden ein Widerrufsrecht haben. Das mag noch unattraktiver sein als das Thema Gewährleistung, es zu ignorieren ist aber desaströs, weil dann ein umso längeres Widerrufsrecht zusteht. Achten Sie darauf, dass Sie ordentlich über das Widerrufsrecht belehren und Rückabwickeln.

Fremde Rechte beachten

So hart es klingen mag: Auch wenn Sie eine Idee entwickelt haben müssen Sie immer das Risiko sehen, das schon jemand vor Ihnen eine solche oder zumindest ähnliche Idee hatte. Dies zu ignorieren ist der erste fatale Schritt auf einen Abgrund zu. Ein kann etwa urheberrechtlich geschützt sein, markenrechtlich oder schlicht als Design eingetragen sein. Selbst wenn eine Idee zu einfach gehalten ist, um urheberrechtlichen Schutz zu genießen, so kann es dennoch als eingetragen sein oder zumindest wettbewerbsrechtlich vor Nachahmung geschützt sein. Auch wenn es keinen Schutz einer Idee im deutschen Rechtssystem gibt, so kann man doch sehr gut ein ähnliches Ergebnis erreichen. So musste ich bereits Designern beistehen, weil etwa ein einfaches Karomuster einer Bettwäsche als Marke eingetragen war oder auch die Form eines Glases. Dass das konkrete Nachempfinden von fremden Marken, etwa beim selber Basteln von Fanartikeln, nicht erlaubt ist, liegt auf der Hand.

Haftung: Körper und Kleidung

Unterschätzen Sie niemals das Risiko einer Haftung! So gestelzt es sich lesen mag, denken Sie daran, dass Sie beim Selbermachen Produkte erschaffen, die mit anderen Menschen in Berührung kommen. Kleidung kann Allergien auslösen, auch Spielzeug das Kinder in den Mund nehmen. Selbst gemachte Möbel können zusammenbrechen (samt teurem Fernseher der darauf steht) und modische Accessoires können ebenso Allergien auslösen (Ohrringe) oder zumindest andere Sachen beschädigen, etwa wenn die schicke Handtasche auf den Rock abfärbt.

Naive Blauäugigkeit hilft da auch nicht weiter: Einen vollständigen Haftungsausschluss werden Sie in AGB nicht schaffen und so sehr sie den Stoffverkäufer auf dem Markt mögen – sie wissen auch nicht woher dieser wirklich seine Stoffe bezieht. Losgelöst davon, dass sie nicht wissen, wie der potentielle Käufer auf das Waschmittel reagiert, das sie verwenden, bevor sie den selbstgestrickten Pulli übergeben. Alles gute Gründe für (a) professionelle Haftungsklauseln und (b) eine gute Haftpflichtversicherung.

Was droht denn?

Natürlich zum einen Kosten durch eine durch einen Mitbewerber, etwa wenn sie unwirksame AGB verwenden, fehlerhaft über das Widerrufsrecht belehren oder fehlerhaft über Garantien belehren. Schlimm wird es, wenn die Regeln zur Markteinführung nicht beachtet werden – hier droht natürlich auch eine Abmahnung. Doch es kann, wenn etwa das vorgeschriebene CE-Kennzeichen fehlt, sogar ein Rückruf drohen sowie ein Vertriebsverbot. Wenn dies dann die Kernprodukte betrifft, droht das Geschäft still zu stehen.

Fazit zum Verkauf von Selbstgemachtem

Dieser Artikel sollte nur eine kurze Übersicht bieten um zu sensibilisieren. Dass er gleichwohl so lang wurde zeigt, dass das Thema nicht zu ignorieren ist. Gleichwohl soll niemandem der Spass genommen werden – man muss eben mitdenken und sich vorbereiten.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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