Steueramnestie: Die strafbefreiende Erklärung (2004)

Die Luft für den viel zitierten Steuerflüchtling wird dünner. War bisher der Zugriff der auf ausländisches Kapitalvermögen nur im begründeten Einzelfall möglich, wird diese Möglichkeit des Fiskus durch Umsetzung der EU-Zinsrichtlinie wesentlich erweitert. Informationen wie die Höhe der Zinserträge, die Identität und der Wohnsitz des Kapitalanlegers sollen in Zukunft unter den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden.

Die Steueramnestie bietet nun die Möglichkeit, auf den Pfad der Tugend zurückzukehren.

Das Gesetz über die strafbefreiende Erklärung (Steueramnestie) ist Ende 2003 in Kraft getreten. Nun kann der Steuerpflichtige, der in der Vergangenheit Steuern verkürzt hat, ab dem 1.1.04 durch Abgabe einer strafbefreienden Erklärung und Entrichtung einer pauschalen Abgeltungssteuer straffrei werden. Dieses Angebot gilt nicht nur für hinterzogene Kapitalerträge, sondern grundsätzlich für jede Art von Steuerhinterziehung.

Im Vergleich zum Gesetzesentwurf wurden bei der Umsetzung im Vermittlungsausschuss noch einige Änderungen vorgenommen:

  • Beim Anwendungszeitraum der strafbefreienden Erklärung wurde noch das Jahr 2002 mit in die Strafbefreiungs- und Abgeltungswirkung einbezogen.
  • Wurde die nach dem 17.10.2003 begangen, ist die Abgabe einer strafbefreienden Erklärung ausgeschlossen.
  • In der strafbefreienden Erklärung sind zudem die erklärten Einnahmen nach Kalenderjahren und den zu Grunde liegenden Lebenssachverhalten zu erläutern.

Strafbefreiung

Amnestiert werden folgende steuerliche Straftaten:

  • die Steuerhinterziehung,
  • die gewerbsmäßige oder bandenmäßige Steuerhinterziehung,
  • die gewerbsmäßige oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens,
  • die leichtfertige Steuerverkürzung,
  • die Steuergefährdung,
  • die Gefährdung von Abzugssteuern und
  • die Schädigung des Umsatzsteueraufkommens.

Hauptanwendungsfälle des Strafbefreiungsgesetzes

Folgende Fälle fallen beispielsweise unter das Strafbefreiungsgesetz:

  • Schwarzgelder im unternehmerischen Bereich, die weder bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer noch bei der oder bei der erfasst wurden,
  • Mieteinnahmen, die in der Anlage V nicht vollständig angegeben wurden,
  • Kapitalerträge und Spekulationsgewinne, die in der Anlage KAP bzw. SO nicht oder nicht vollständig erklärt wurden oder
  • Einnahmen eines Arbeitnehmers, die dieser „nebenbei“ erhalten hat, ohne dass diese besteuert wurden.

Steuersätze

Die Amnestiesteuer beträgt bei Abgabe der strafbefreienden Erklärung nach dem 31.12.2003 und vor dem 1.1.2005 25 Prozent der Summe der dort erklärten Beträge, das heißt genauer gesagt, der unten genannten Bemessungsgrundlagen.

Hinweis: Der Steuersatz erhöht sich, wenn die strafbefreiende Erklärung nach dem 31.12.2004 und vor dem 1.4.2005 abgegeben wird, auf 35 Prozent der unten genannten Bemessungsgrundlagen.

Bemessungsgrundlagen

  • Einkommen-/Körperschaftsteuer: Nacherklärte einkommen- bzw. körperschaftsteuerpflichtige Einnahmen, die nicht versteuert worden sind, werden zu 60 Prozent für die pauschale Steuer herangezogen. Unrichtig zu hoch erklärte (erfundene) Werbungskosten, Betriebsausgaben, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen werden zu 100 Prozent als Bemessungsgrundlage angesetzt.
  • Hinweis: Mit dem pauschalen Steuerabzug ist auch der Zinsanspruch der Finanzverwaltung abgegolten.
  • Gewerbesteuer: Bei der Gewerbesteuer beläuft sich die Bemessungsgrundlage für die Nacherklärungssteuer auf zehn Prozent der gewerbesteuerpflichtigen Einnahmen. Unrichtige zu hoch erklärte (erfundene) Betriebsausgaben werden bei der Gewerbesteuer zu 100 Prozent der Besteuerung unterworfen; es sei denn, sie werden bereits bei der bzw. Körperschaftsteuer erfasst.
  • Umsatzsteuer: Von den nacherklärten Bruttoeinnahmen gelten 30 Prozent als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Nicht erklärte Vorsteuern können nicht gegengerechnet werden. Zu Unrecht erschlichene Vorsteuern werden zu 200 Prozent angesetzt.
  • Erbschaft- und Schenkungsteuer: Als Bemessungsgrundlage sind 20 Prozent des nach Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz steuerpflichtigen Erwerbs anzusetzen.


Beispiele

 

Beispiel „Schwarzgeld“

Im Jahr 1999 hat ein Unternehmer 10.000 Euro an der Buchführung vorbei in die eigene Tasche gewirtschaftet. Der Gewinn des Jahres 1999 fiel entsprechend geringer aus. Mit Hilfe der Steueramnestie hat der Unternehmer nunmehr die Möglichkeit, die bisher nicht versteuerten Einnahmen zu legalisieren.

Für das Jahr 1999 ergibt sich folgende Nacherklärungssteuer:

Einkommensteuer: Von den Bruttoeinnahmen in Höhe von 10.000 Euro sind zur pauschalen Abgeltung aller denkbaren Abzüge 40 Prozent abzuziehen. Die Bemessungsgrundlage für die Abgeltungssteuer beträgt somit 60 Prozent. Für den Unternehmer ergibt sich ein nachzuzahlender Betrag von 1.500 Euro (Einkommensteuer) (25 Prozent von 6.000 Euro).

Umsatzsteuer: Von den Bruttoeinnahmen in Höhe von 10.000 Euro sind für die Berechnung der Umsatzsteuer 30 Prozent als Bemessungsgrundlage anzusetzen. Bei einem Steuersatz von 25 Prozent ergibt sich ein nachzuzahlender Betrag in Höhe von 750 Euro (Umsatzsteuer).

Gewerbesteuer: Von den Gesamteinnahmen gelten 10 Prozent als Bemessungsgrundlage, auf die der Steuersatz von 25 Prozent angewandt wird. Es ergibt sich somit ein nachzuzahlender Betrag für die Gewerbesteuer von 250 Euro.

Insgesamt muss der Unternehmer somit (1.500 + 750 + 250) 2.500 Euro Steuern nachentrichten.

In der strafbefreienden Erklärung sind die Einnahmen nach Kalenderjahren und den zu Grunde liegenden Lebenssachverhalten zu spezifizieren. Der Erklärungsvordruck ist nach eigener Berechnung des Steuerbetrages vom Steuerpflichtigen selbst zu unterschreiben.

Achtung: Der Steuerpflichtige hat darauf zu achten, dass er bei Abgabe der strafbefreienden Erklärung über genügend liquide Mittel verfügt, da die errechnete Steuer innerhalb von zehn Tagen nach Abgabe der Erklärung zu zahlen ist. Sinnvoll erscheint hier, der Erklärung einen Verrechnungsscheck beizufügen.

Probleme beim „Schwarzgeld“: Der Unternehmer hat, wie im oben genannten Beispiel aufgezeigt, den Verkauf an der Kasse vorbei vereinnahmt. Damit trotzdem die Kalkulation bei der gewahrt bleibt, wurde möglicherweise auch der Einkauf der betroffenen Rohstoffe in Höhe von beispielsweise 8.000 Euro nicht als Betriebsausgabe erfasst.

In der strafbefreienden Erklärung hat der Steuerpflichtige dennoch einen Betrag von 6.000 Euro (es werden pauschal 40 Prozent der Einnahmen als Betriebsausgaben abgezogen) anzugeben, obwohl er tatsächlich 8.000 Euro Materialaufwand hätte gegenrechnen können, wenn er die Betriebseinnahmen damals ordnungsgemäß angegeben hätte. Der Materialeinkauf bleibt jedoch bei der Amnestierechnung unberücksichtigt.

Geht mit den Schwarzeinnahmen auch ein sehr hoher Materialaufwand einher, ist daher zu prüfen, ob eine (§ 371 und § 378 Absatz 3 ) günstiger ist. Im Fall der Selbstanzeige werden sämtliche Betriebsausgaben berücksichtigt. Jedoch gilt dann nicht der günstige Amnestiesteuersatz.

Beispiel „erfundene Vorsteuern“

Der Unternehmer hat 1998 in seiner Umsatzsteuererklärung Vorsteuerbeträge von 10.000 Euro erfunden. In seiner Nacherklärung muss er den Sachverhalt offen legen und die Nachsteuer folgendermaßenerklären:

Bemessungsgrundlage Umsatzsteuer:
10.000 Euro x 200 Prozent = 20.000 Euro
Steuersatz von 25 Prozent:
20.000 Euro X 25 Prozent Steuern = 5.000 Euro

Die nachzuzahlende Steuer beträgt 5.000 Euro.

Beispiel „Kapitaleinnahmen“

Der Steuerpflichtige hatte in den Steuererklärungen der vergangenen Jahre „versäumt“, die Kapitalerträge anzugeben. Dabei handelte es sich um Erträge sowohl im Ausland als auch im Inland (jeweils 70.000 Euro).

Der Steuerpflichtige erklärt bisher nicht versteuerte Zinseinnahmen aus seinem Luxemburger Festgeldkonto von 70.000 Euro nach. Für die steuerstrafbefreiende Erklärung ergibt sich folgende Berechnung:

Kapitalerträge 70.000 Euro
Bemessungsgrundlage (60 Prozent der Erträge) 42.000 Euro
Amnestiesteuer (25 Prozent der Bemessungsgrundlage) 10.500 Euro

Anders sieht es aus für die im Inland erhaltenen Zinsen. Für die Ermittlung der Amnestiesteuer ergibt sich zwar die gleiche Berechnung wie oben. Doch hinzu kommt:Für Zinsen in Höhe von 70.000 Euro wurden dem Steuerpflichtigen unter Abzug des Zinsabschlages in Höhe von 30 Prozent sowie des Solidaritätszuschlags von 5,5 Prozent 47.845 Euro ausgezahlt.

Jedoch kann der Steuerpflichtige den bereits einbehaltenen Zinsabschlag von 30 Prozent sowie den Solidaritätszuschlag nicht gegenrechnen. Es ergibt sich in diesem Fall somit eine effektive Steuerbelastung von 46,65 Prozent (im Vergleich: bei ausländischen Kapitaleinnahmen 15 Prozent). Bei den inländischen Kapitaleinnahmen wäre zu überlegen, ob eine Selbstanzeige günstiger wäre.

Beispiel „Einnahmen einer Kapitalgesellschaft“

Der Gesellschafter-Geschäftsführer einer „vergisst“ in der Körperschaftsteuererklärung, Einnahmen der GmbH in Höhe von 200.000 Euro anzugeben und lässt sich diesen Betrag als verdeckte Gewinnausschüttung auszahlen. In der persönlichen Einkommensteuererklärung bleibt der Betrag ebenfalls unberücksichtigt.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat als gesetzlicher Vertreter der GmbH für die Gesellschaft eine Nacherklärung abzugeben.

Es ergeben sich folgende Steuerbeträge:

Körperschaftsteuer
(Bemessungsgrundlage 60 Prozent x 25 Prozent Steuer) 30.000 Euro
Umsatzsteuer
(Bemessungsgrundlage 30 Prozent x 25 Prozent Steuer) 15.000 Euro
Gewerbesteuer
(Bemessungsgrundlage 10 Prozent x 25 Prozent Steuer) 5.000 Euro

Die Straffreiheit erstreckt sich dabei auch auf die Verkürzung der Einkommensteuer durch den Empfänger der verdeckten Gewinnausschüttung. Demnach muss der Gesellschafter-Geschäftsführer keine eigene Nacherklärung abgeben.

Unseres Erachtens ist mit der „automatischen“ Strafbefreiung für den Gesellschafter-Geschäftsführer auch dessen persönliche Einkommensteuer abgegolten. Allerdings liegt hierfür keine eindeutige Regelung vor.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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