Widerrufsrecht beim Immobilienkredit: Kreditvertrag widerrufen?

Die Zinsen für Kredite sind aktuell auf einem Tiefstand während zahlreiche Verbraucher sich in vor Jahren geschlossenen Kreditverträgen gebunden finden, die ganz erheblich schlechtere Konditionen bieten. Eine vorzeitige Vertragsablösung ist regelmässig wegen der Vorfälligkeitsentschädigung unattraktiv; stattdessen werden Verbraucher immer häufiger auf die (vermeintliche) Möglichkeit eines Widerrufs als attraktive Lösung hingewiesen.

In unserer Kanzlei werden Mandanten in diesem Bereich vertreten, dabei gilt es, mit einigen utopischen Vorstellungen aufzuräumen.

Widerrufsrecht bei Kreditverträgen?

Tatsächlich besteht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht. Sollte dabei nicht entsprechend den gesetzlichen Vorgaben durch die Bank belehrt worden sein, läuft das Widerrufsrecht grundsätzlich unbegrenzt weiter. Erst einmal keine Auswirkungen hat es dabei, wenn der Vertrag „vor Jahren“ geschlossen wurde – bei einer fehlerhaften läuft das Widerrufsrecht quasi unbegrenzt, so dass über Jahre hinweg ein Widerruf möglich sein kann. Dies gilt auch bei anderen Kreditverträgen – etwa bei subventionierten handys, siehe dazu hier bei uns.

Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen

In den letzten Wochen gab es nun Berichte dahin gehend, dass „80%“ der von den Banken verwendeten Widerrufsbelehrungen fehlerhaft sind. Auch wenn dies wohl nicht repräsentativ ist: Tatsächlich ist auch von hier aus festzustellen, dass häufig Fehler in Widerrufsbelehrungen in diesem Bereich vorkommen. Die formalen Vorschriften sind einfach sehr hoch, über die einfache Formulierung des Belehrungstextes hinaus bietet sich eine Vielzahl von Fallstricken, die Banken in der Tat selten bewältigen.

Dies deckt sich mit meinen Erfahrungen in dem Bereich – speziell bei mir vorgelegten Verträgen vor dem Jahr 2013 habe ich laufend erhebliche Fehler gefunden. Dabei zeigt meine Erfahrung, dass man leider zur bereit sein muss, um hier wirklich etwas zu erreichen.

Vorsicht mit dem übereilten Widerruf

Gleichwohl gibt es auch Ausnahmen und die Erklärung eines „Widerrufs ins Blaue hinein“, wie er teilweise empfohlen wird, sehe ich durchaus kritisch. Klüger ist es, sämtliche erhaltenen Unterlagen prüfen zu lassen, um dann zu entscheiden, ob ein Widerruf erklärt wird. Erwartungsgemäß reagieren Banken hierbei keineswegs erfreut, auf allzu viel Kooperation sollte man dabei nicht hoffen – der Streit ist quasi vorprogrammiert. Ein geschicktes Taktieren scheint nach bisheriger Erfahrung unabdingbar, blind den Widerruf zu erklären und dann „weiter zu sehen“ funktioniert sehr wahrscheinlich nicht. Anders herum ist auch der Verbraucher gefragt, Vorbereitung ist notwendig, um etwa die Rückabwicklung des Kreditvertrages überhaupt leisten zu können. Auch hier wird nach meinem Eindruck zu oft zu blauäugig agiert.

Weitere Vorsicht ist beim Anschlusskredit geboten, immer häufiger erweist es sich als schwierig, eine Bank zu finden, die die Anschlussfinanzierung übernimmt. Daher muss vor eventuellen Schritten zwingend erst die Finanzierung geklärt sein!

Wie lange ist ein Widerruf möglich?

Nach dem „alten“ Widerrufsrecht bis Mitte 2014 erlöschte das Widerrufsrecht nie, was sich Mitte 2014 dann geändert hat. Wer vorher seinen Kreditvertrag geschlossen hat, der kann in jedem Fall bis zum 27. Juni 2015 einen Widerruf erklären – spätestens aber 12 Monate und 14 Tage nachdem der Kreditvertrag abgelöst wurde.

Fazit

Ein Widerruf macht dabei durchaus zu jedem Zeitpunkt Sinn, auch wenn die Vertragsablösung kurz bevor steht, denn es lockt die Aussicht, die gezahlten Zinsen zurück zu erhalten. Umstritten ist – auch in der Rechtsprechung – ob ein Widerruf nach dem Ende des Kreditvertrages noch möglich ist oder nur bis zur Abwicklung zur Diskussion steht. Auch hier gilt, dass man klugerweise eine Beratung einholen und dann wohl noch vor Ende des Kreditvertrages den Widerspruch erklären sollte.

Lesetipp: Beachten Sie auch die Möglichkeit, Bearbeitungsgebühren bei Krediten zurück zu fordern!

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht. Beachten Sie unsere Tätigkeit im Steuerstrafrecht, digitaler gewerblicher Rechtsschutz, IT-Sicherheitsrecht sowie Softwarerecht.