Beschränkungen in der Untersuchungshaft

Beschränkungen in der gemäß §119 StPO haben erhebliche Belastungen für den Häftling und sein soziales Umfeld zur Folge – entsprechend müssen diese kontrolliert werden. Man muss wissen, dass als Begründung solcher Beschränkungen nicht nur die Haftgründe herangezogen werden können, die im genannt sind und der Anordnung der Untersuchungshaft selbst zugrunde liegen. In Betracht kommen darüber hinaus auch im haftbefehl nicht ausdrücklich angeführte Haftgründe, soweit konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie die jeweilige Beschränkung erforderlich machen.

Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO sind zulässig, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte eine reale Gefahr für die in §§ 112, 112 a StPO genannten Haftzwecke besteht. Die bloße Möglichkeit, dass ein Untersuchungsgefangener seine Freiheiten missbraucht, genügt dagegen für die Anordnung von Haftbeschränkungen nicht. Es ist hingegen nicht erforderlich, dass in Bezug auf einen der im Gesetz benannten Haftgründe, wie etwa hinsichtlich einer abzuwehrenden Verdunkelungsgefahr, bereits konkrete, dem Angeklagten zurechenbare Vertuschungs- oder Verdunkelungshandlungen festzustellen sind.

Denn: Die Anordnung der Besuchsüberwachung stellt einen erheblichen Eingriff in den persönlichen Lebensbereich sowohl des Gefangenen als auch des Besuchers dar. Insbesondere die akustische Überwachung ist eine Einschränkung des durch Artikel 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG geschützten persönlichen Lebensbereichs sowohl des Gefangenen als auch des Besuchers, dies in Verbindung mit Artikel 6 GG, soweit familiärer Besuch betroffen ist. Aus diesem Grund hat der für die Haftentscheidung zuständige Richter stets zu prüfen, ob im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein nicht akustisch überwachter Besuch den Haftzweck gefährden würde:

Gesetzliche Grundlage der hier angegriffenen Anordnungen ist § 119 Abs. 1 StPO. Dem Untersuchungsgefangenen können danach Beschränkungen auferlegt werden, soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr (§§ 112, 112a StPO) erforderlich ist.

Zur Begründung von Beschränkungen in der Untersuchungshaft können dabei nicht nur die Haftgründe herangezogen werden, die im Haftbefehl genannt sind und der Anordnung der Untersuchungshaft selbst zugrunde liegen (OLG Hamm, Beschluss vom 13.11.2012 – 5 Ws 329/12 m.w.N.; Meyer-Goßner/Schmitt, , 62. Aufl. 2019, § 119 Rn. 5). In Betracht kommen insoweit vielmehr auch in dem Untersuchungshaftbefehl nicht ausdrücklich angeführte Haftgründe, soweit konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie die jeweilige Beschränkung erforderlich machen.

Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO sind danach zulässig, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte eine reale Gefahr für die in §§ 112, 112 a StPO genannten Haftzwecke besteht. Die bloße Möglichkeit, dass ein Untersuchungsgefangener seine Freiheiten missbraucht, genügt dagegen für die Anordnung von Haftbeschränkungen nicht (vgl. BVerfG, NStZ-RR 1997, 7; NStZ 1994, 52; BerlVerfGH NStZ-RR 2011, 94). Es ist hingegen nicht erforderlich, dass in Bezug auf einen der im Gesetz benannten Haftgründe, wie etwa hinsichtlich einer abzuwehrenden Verdunkelungsgefahr, bereits konkrete, dem Angeklagten zurechenbare Vertuschungs- oder Verdunkelungshandlungen festzustellen sind (Beschluss des hiesigen 2. Strafsenats vom 11.04.2012, 2 Ws 121/12; Beschluss des erkennenden 5. Strafsenats vom 13.11.2012; a.a.O.; a. A. Beschluss des hiesigen 3. Strafsenats vom 09.02.2010, Az. 3 Ws 46/10). (…)

Der Angeklagte hat grundsätzlich ein sich aus Artikel 2 Abs. 1, 10 Abs. 1 GG ergebendes Grundrecht auf unüberwachten und unkontrollierten Briefverkehr (BVerfG, NJW 2004, 1095, 1096) und sonstigen Postverkehr, das heißt auch Paketverkehr (vgl. Pagenkopf, in Sachs, 8. Aufl. 2018, Artikel 10 GG Rn. 13). Auch das Recht aus Artikel 8 Abs. 1 EMRK, das nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Norm auch die private und familiäre Korrespondenz erfasst, steht  inhaftierten Personen zu (EGMR, NJW 1992, 1873).

Von daher erfordern auch Eingriffe in die gesicherten Rechte des Untersuchungs-gefangenen auf schriftliche Kontakthaltung zur Außenwelt tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte den Brief- oder Paketverkehr dazu missbrauchen könnte, seine Flucht aus der Haft zu planen oder vorzubereiten bzw. Verdunkelungshandlungen vorzunehmen. 

Oberlandesgericht Hamm, 5 Ws 217/19

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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