Domainrecht: DENIC muss Domainnamen in Fällen eindeutigen Missbrauchs löschen

Der Kläger ist der Freistaat Bayern, dessen Staatsgebiet in sieben Regierungsbezirke unterteilt ist. Die Beklagte ist die DENIC, eine Genossenschaft, die die Domainnamen mit dem Top-Level-Domain „.de“ vergibt. Der Kläger hat festgestellt, dass unter dieser Top-Level-Domain zugunsten mehrerer Unternehmen mit Sitz in Panama sechs Domainnamen registriert wurden, die aus dem Wort „regierung“ und dem Namen jeweils einer seiner Regierungsbezirke gebildet wurden (z.B. „regierung-oberfranken.de“). Der Kläger, der für seine Regierungsbezirke ähnliche Domainnamen hat registrieren lassen (z.B. „regierung.oberfranken.bayern.de“), verlangt von der Beklagten, die Registrierung dieser Domainnamen aufzuheben. Landgericht und Oberlandesgericht Frankfurt a.M. haben der stattgegeben.

Nachdem die umstrittenen Domainnamen inzwischen gelöscht worden und diese Domainnamen für den Kläger registriert sind, hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Da sich die Beklagte der Erledigungserklärung nicht angeschlossen hatte, musste heute darüber entschieden werden, ob die Klage ursprünglich begründet war. Diese Frage hat der BGH in seinem heute verkündeten Urteil bejaht und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Zwar treffen die DENIC, die die Aufgaben der Registrierung der Domainnamen ohne Gewinnerzielungsabsicht erfüllt, nach der Entscheidung „ambiente.de“ des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17. Mai 2001 – I ZR 251/99, BGHZ 148, 13) nur eingeschränkte Prüfungspflichten. Bei der Registrierung selbst, die in einem automatisierten Verfahren allein nach Prioritätsgesichtspunkten erfolgt, muss keinerlei Prüfung erfolgen. Aber auch dann, wenn die DENIC auf eine mögliche Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, ist sie nur dann gehalten, die Registrierung des beanstandeten Domainnamens zu löschen, wenn die Rechtsverletzung offenkundig und für sie ohne weiteres feststellbar ist. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Bei den Namen, auf deren Verletzung der Kläger die DENIC hingewiesen hat, handelt es sich um offizielle Bezeichnungen der Regierungen bayerischer Regierungsbezirke. Aufgrund eines solchen Hinweises kann auch ein Sachbearbeiter der DENIC, der über keine namensrechtlichen Kenntnisse verfügt, ohne weiteres erkennen, dass diese als Domainnamen registrierten Bezeichnungen allein einer staatlichen Stelle und nicht einem in Panama ansässigen privaten Unternehmen zustehen.

Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 131/10 – regierung-oberfranken.de
Quelle: Pressemitteilung des BGH

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
Letzte Artikel von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht) (Alle anzeigen)
Benutzerbild von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht. Beachten Sie unsere Tätigkeit im Steuerstrafrecht, digitaler gewerblicher Rechtsschutz, IT-Sicherheitsrecht sowie Softwarerecht.