LG Köln zur Haftung des Forenbetreibers (Update)

Das Landgericht Köln (28 O 72/11) hat sich mit der Haftung eines Forenbetreibers auseinander gesetzt. Dabei werden noch einmal grundsätzliche Regeln zusammengestellt.

So wird sich mit dem Laienprivileg beschäftigt. Das LG stellt dazu fest:

Unter das Laienprivileg fallen Behauptungen einzelner, die sich zu nicht transparenten Bereichen von Politik und Wirtschaft oder zu sonstigen Vorgängen von öffentlichem Interesse äußern (vgl. Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 12 Rn. 136). Nach der Rechtsprechung sollen Privatpersonen, die Presseberichte anderer in gutem Glauben aufgreifen, zur Unterlassung oder zum Widerruf nur in Anspruch genommen werden dürfen, wenn die Berichterstattung erkennbar überholt war oder widerrufen worden ist (BVerfG NJW 1992, 1439 – Bayer Beschluss; NJW-RR 2000, 1209, 1211). Diese Grundsätze können nach einem Teil der Rechtsprechung grundsätzlich auch bei Übernahme einer ehrverletzende Pressemitteilung auf eine private Webseite Anwendung finden (LG Berlin MMR 2009, 62 ; bestätigt KG Berlin MMR 2009, 482).

Im vorliegenden Fall wurde das aber abgelehnt: Der Forenbetreiber betrieb ein Forum mit enormer Reichweite, wobei er hinsichtlich des „Skandals“ über den er berichtete nicht darauf beschränkte, „durch einzelne Äußerungen punktuell an der öffentlichen Auseinandersetzung“ mitzuwirken. Vielmehr stellte er ein umfassendes Medium mit erheblicher öffentlicher Beachtung zur Verfügung. Das soll bereits reichen, um die Anwendung des Laienprivilegs zu verneinen.

Hinsichtlich eines aus einer Zeitung übernommenen Artikels in das Forum hatte der Forenbetreiber eidesstattlich versichert, nicht mehr zu wissen, ob er selbst oder ein Forenbenutzer diesen Artikel in das Forum eingestellt hat. Haftungserleichternd (oder gar befreiend) wäre aber nur das Einstellen durch einen Dritten – die eidesstaatliche Versicherung hat das aber gerade nicht bestätigt. Wäre dem so gewesen, hätte man über die übliche Haftungsmilderung für Forenbetreiber nachdenken können:

Weil die nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt sie eine Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (st. Rspr.: BGH, GRUR 1997, 313 – Architektenwettbewerb; GRUR 2007, 708, 711 – Internetversteigerung II, m.w. Nachw.). Eine erhöhte Prüfungspflicht besteht für ihn immer dann, wenn er vom Rechtsinhaber auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist; in diesem Fall muss er nicht nur den Zugang zu der konkreten Datei unverzüglich sperren, sondern darüber hinaus Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (s. BGH a. a. O; s. OLG Köln GRUR-RR 2008, 35 – Sharehoster Haftung; LG Köln ZUM-RD 2009, 349 – Blogger-Foren).

Zu guter Letzt stellt das LG Köln fest, dass in der Übernahme von Zeitungsartikeln auf eigene Webseiten und Foren ein zu Eigen machen liegt.

Die Entscheidung ist mit dem vorliegenden gerichtlichen Sachverhalt soweit tragbar – im Fazit können sich über den konkreten Fall hinaus dann Probleme für Webmaster ergeben, wenn sich ein (auszugsweise) übernommener Presseartikel nach längerer Zeit überholt, die jeweilige Zeitung bereits zurückgerudert ist, und man in seiner Webseite immer noch den alten Artikel ohne entsprechende Hinweise vorhält. Das OLG Düsseldorf hat sich dazu bereits geäußert und wurde hier von mir besprochen – mit der richtigen Gestaltung von Artikeln anhand der Vorgaben aus Düsseldorf kann man insofern zumindest versuchen vorzubeugen.

Update: Das OLG Köln hat angeblich doch das Laienprivileg zugesprochen. Ein Bericht folgt in separatem Artikel, sobald die Entscheidung vorliegt.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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