Wettbewerbsrecht: Empfehlungsemails – Tell a Friend – als unzulässige Werbemaßnahme

Der (I ZR 208/12) hat sich in seiner Entscheidung „Empfehlungs-E-Mail“ zur (Un-)Zulässigkeit von Empfehlungsemails geäußert, die über ein „Tell-A-Friend“-System versendet werden. Hierzu stellte der BGH fest:

Schafft ein Unternehmen auf seiner Website die Möglichkeit für Nutzer, Dritten unverlangt eine sogenannte Empfehlungs-E-Mail zu schicken, die auf den Internetauftritt des Unternehmens hinweist, ist dies nicht anders zu beurteilen als eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail des Unternehmens selbst.

Die Entscheidung spiegelt die rechtliche Lage zutreffend wider; Und nach einiger Zeit zeigt sich nun, dass die Entscheidung auch Gegenstand wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen ist.

Empfehlungs-Email als Werbung

Der Bundesgerichtshof bleibt – wenig überraschend – bei dem weiten Begriff der „Werbung“, wonach Werbung alles erfasst, was auf die Förderung des Absatzes von Produkten oder Dienstleistungen gerichtet ist. Werbung ist daher im Ergebnis jegliche Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen irgendwie zu fördern. Vor diesem Hintergrund fällt es nicht schwer, Empfehlungsemails als Werbung in diesem Sinne einzustufen.

Handlung eines Dritten

Ausdrücklich keine Rolle spielt es für den BGH, dass das tatsächliche Versenden der Mail durch den Willen eines Dritten ausgelöst wird: Letztlich profitiert der Seitenbetreiber davon, dass die Mail versendet wird, somit soll er auch wettbewerbsrechtlich dafür haften

Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es für die Einordnung als Werbung nicht darauf an, dass das Versenden der Empfehlungs-E-Mails letztlich auf dem Willen eines Dritten beruht (aA OLG Nürnberg, GRUR-RR 2006, 26). Entscheidend ist vielmehr allein das Ziel, das die Beklagte mit dem Zurverfügungstellen der Empfehlungsfunktion erreichen will. Da eine solche Funktion erfahrungsgemäß den Zweck hat, Dritte auf die Beklagte und die von ihr ange- botenen Leistungen aufmerksam zu machen, enthalten die auf diese Weise versandten Empfehlungs-E-Mails Werbung.

Dies gilt auch hinsichtlich der Unlauterbarkeit der Handlung:

Eine andere Beurteilung ergibt sich im Streitfall nicht aus dem Umstand, dass die Werbung nur an Personen versandt wird, die ein Dritter durch Eingabe von deren E-Mail-Adresse ausgewählt hat. Unlauter ist eine Wettbewerbshandlung, die einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt, wenn dadurch Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt werden (§ 7 Abs. 1 UWG). Ein solcher Belästigungsgrad ist regel- mäßig anzunehmen, wenn die Gefahr besteht, dass der Werbende zu Mitteln greift, die auch berufsmäßigen Werbern verboten sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 2006 – I ZR 145/03, GRUR 2006, 949 Rn. 20 = WRP 2006, 1370 – Kunden werben Kunden). Dies ist hier anzunehmen. Entscheidend ist, dass der Empfänger in diese Art Werbung nicht eingewilligt hat und sich praktisch nicht zur Wehr setzen kann (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 7 Rn. 201).

Möglichkeiten einer Zulässigkeit?

Seit der BGH-Entscheidung werden Diskussionen geführt, ob es nicht doch die Möglichkeit gibt, einen solchen Dienst anzubieten.

1. Dies insbesondere vor dem Hintergrund dieses Absatzes:

Die Beklagte haftet für die Zusendung der Empfehlungs-E-Mails als Täterin. (…) Maßgeblich ist, dass der Versand der Empfehlungs-E-Mails auf die gera- de zu diesem Zweck zur Verfügung gestellte Weiterempfehlungsfunktion der Beklagten zurückgeht und die Beklagte beim Empfänger einer Empfehlungs- E-Mail als Absenderin erscheint. (…)

Hierbei stellt sich die Frage, ob sich etwas ändert, wenn nicht mehr die Webseite bzw. der Webseitenbetreiber, sondern vielmehr der Empfehler als Absender erscheint. Entsprechend wird dann geraten, auf Werbetexte zu verzichten und den Empfehler als Absender auftreten zu lassen. Dies erscheint vor den Zeilen des BGH konsequent, verkennt aber, dass es hier um die Frage eigenen täterschaftlichen Handelns geht, nicht um die Frage der Zulässigkeit insgesamt. M.E. wirkt sich dies am Ende nicht weiter aus: Wenn man die Empfehlungsfunktion so aufbaut, dass der Empfehler (alleiniger) Absender ist, ändert dies nichts an der letztlichen wettbewerbsrechtlichen Verantwortlichkeit. Auch wenn es die frühere im Wettbewerbsrecht nicht mehr gibt, so trifft hier doch die wettbewerbsrechtliche Verkehrssicherungspflicht ein, die ein ungeprüftes Zusenden von EMails untersagt.

2. Auch wird häufig geraten, dem Empfänger die Möglichkeit einzuräumen, sich mit einem Klick sperren zu lassen bzw. Mails an Empfängeradressen zu begrenzen. Dies mag etwas mehr Sicherheit schaffen, da das Missbrauchspotential quantitativ begrenzt wird – gleichwohl verbleibt es bei der wettbewerbsrechtlichen unzulässigkeit, da ja bereits die einmalige Zusendung ausreicht.

Externe Dienste?

Doch wie ist es, wenn man als „kleiner“ Verkäufer auf Plattformen wie Amazon und zurückgreift – die dann in eigener Regie eine solche Funktion installieren? Nur allzu verständlich ist es, dass Verkäufer der Auffassung sind, dass hier der Plattformbetreiber, etwa Amazon, der Ansprechpartner ist. Gleichwohl aber ist es wettbewerbsrechtlich so, dass die Verkäufer selber auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können. Es kann also tatsächlich grundsätzlich der jeweilige Händler in Anspruch genommen werden.

Es ist allerdings die Besonderheit zu sehen, dass es zwischen dem Plattformbetreiber und dem Händler einen Nutzungsvertrag gibt. Aus diesem Vertrag ergeben sich zumindest nebenvertragliche Fürsorgepflichten des Plattformbetreibers, der meines Erachtens dem Händler angefallene Kosten auf Grund von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen erstatten muss, sofern diese alleine auf einem Verhalten des Plattformbetreibers gründen.

Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen

Allmählich mehren sich Abmahnungen im Bereich des Wettbewerbsrechts wegen der Empfehlungsfunktion. Das bisher eher ein Schattendasein fristende Thema der Empfehlungsmails rückt damit zunehmend in den Fokus; entsprechend ist dringend anzuraten, sich darum zu kümmern und mindestens auf eigenen Seiten im Zweifelsfall solche Funktionen zu deaktivieren – oder das Risiko einer bewusst einzuplanen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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