Drohnen: Darf man fremde Drohnen abschiessen die einen unerlaubt filmen?

Zu Rechtsfragen des (vermehrten) Einsatzes privater Flugdrohnen wurde ich in der Vergangenheit häufig von der Presse und den Medien interviewt – interessanter Weise ist es dabei eine spezielle Frage, die sowohl in den Medien als auch im Feedback scheinbar die Wichtigste ist – wenn man unerwünscht von einer gefilmt wird, darf man die dann abschiessen? Ist damit zu rechnen, dass sich als Antwort auf den privaten Drohnen-Einsatz irgendwann private Flak-Geschütze als Verkaufsschlager rentieren?

Die Antwort dazu gebe ich immer differenziert und möchte hier nochmals kurz Stellung beziehen.

Vorab: Ich halte grundsätzlich nichts von „Selbstjustiz“, selbst wenn diese in unserem Rechtssystem getreu dem Grundsatz „Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen“ durchaus vorgesehen ist. Ebenso bin ich der Auffassung, dass erwachsene Menschen in der Lage sein sollten, alltägliche Diskussionen durch ein höfliches Gespräch in dem man aufeinander zu geht zu lösen. Man mag die zunehmende Anwaltsschwelle als Zeichen deuten, dass diese Hoffnung naiv ist.

Selbsthilfe als Erlaubnis Drohnen abzuschiessen?

Rechtlich ist es so: Im §229 BGB findet sich die Selbsthilfe als Rechtfertigungsgrund, die u.a. besagt:

Wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt […] handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.

Man darf also unter Umständen eine fremde Sache wegnehmen oder zerstören – Voraussetzung ist aber u.a., dass die Hilfe des Staates, der nun einmal das Gewaltmonopol inne hat, nicht (rechtzeitig) eingeholt werden kann. Wenn man also unschwer erkennen kann, wo die Drohne herkommt (etwa aus welchem Garten), wird man regelmäßig den Gegner auffinden und mit den Mitteln des Rechtsstaats in Anspruch nehmen können. Dies wird häufig (noch) der Fall sein, da die meisten Drohnen auf Sichtweite fliegen. Damit ist auch schon geklärt, wie man sich zu verhalten hat: Staatliche Hilfe in Anspruch nehmen wo es eben geht (so auch etwa Grosskopf in CR 2014, S.759ff.).

Dies ist aber durchaus und zu Recht hochdiskutabel: Wenn etwa angeführt wird, der Angriff endet spätestens dann wenn die Drohne wegfliegt und die Aufnahmen angefertigt sind, etwa weil gar nicht erkennbar ist, ob (nur) ein lokaler Speicher verwendet wird. Auch ist die zeitlich verzögerte Inanspruchnahme des Staates kaum hilfreich, wenn es um die vorbeugende Verhinderung der Veröffentlichung der Aufnahmen geht. Hier gibt es, abhängig vom Einzelfall, eine Vielzahl von Diskussionspunkten die man nicht verallgemeinern darf.

Konkrete Abwehrmöglichkeiten gegen Drohnen in akuten Situationen

Was bedeutet das in den konkreten übrigen Fällen:

  1. Eine Drohne ohne Kamera, die unerlaubt über ein fremdes Grundstück fliegt, verhält sich eigentlich rechtswidrig, man dürfte einen Abwehranspruch gegen den „Lärm“ der Drohne haben. Der Rechtsbruch ist hier aber so marginal, dass m.E. ein Recht zur Selbsthilfe gar nicht angezeigt ist. Das mag sich ändern, wenn die Drohne derart häufig das Grundstück überfliegt, dass aus der kurzzeitigen „Nervigkeit“ eine ernste Belästigung wird. 
  2. Eine Drohne mit Kamera ist ein ernst zunehmender Rechtseingriff, auch wenn das viele Besitzer von Drohnen anders sehen. Diese müssen sich sagen lassen, dass sie nicht über die Wahrnehmung der Rechte Dritter zu entscheiden haben, ihre Wertung („Stell dich nicht so an“) ist schlicht fehl am Platze. Aber, siehe oben: Die Selbsthilfe steht nur zur Verfügung, wenn man den Schädiger nicht identifizieren kann – oder wenn feststeht (was kaum der Fall sein wird), dass das Bild gerade live ins Internet gesendet wird, weil dann ein Zuwarten nicht mehr zuzumuten sein wird.

Was genau darf man gegen Drohnen unternehmen

Zerstörung von Drohnen

Was darf man dann theoretisch tun: Das Gesetz erlaubt die Zerstörung bzw. Beschädigung der Sache, hier der Drohne. Also abschiessen? Wer es ohne nachzudenken tut, begeht einen Kardinalfehler. Zum einen muss gesehen werden, dass eine beschädigte oder sonst abgeschossene Drohne nicht zu kontrollieren ist – wenn die Drohne jemandem auf den Kopf fällt oder „quer fliegt“ und einen Verkehrsunfall verursacht ist der Schädiger in der Bredouille. Die Kosten können enorm sein, selbst wenn man im Recht ist. Dazu kommt die Problematik dass man sich irren kann, die Drohne etwa könnte plötzlich keine Kamera haben und man muss diskutieren, ob man einem berechtigten unterlag. Hinzu kommt, dass man nachweislich mit dem abschiessen das erforderliche getan haben muss, es also kein milderes Mittel gegeben haben darf (§230 I BGB), was zu weiterem Streit führen kann. Daher mein Rat: Finger weg vom abschiessen im Alltag.

Anders dagegen, wenn Unternehmen ihr Betriebsgelände schützen möchten: Hier sehe ich berechtigte Interessen und mitunter die Möglichkeit, die Abwehrmassnahme im Einzelfall mit vertretbarem Risiko auszugestalten.

Wegnehmen von Drohnen

Was darf man noch tun: Wegnehmen, das Gesetz sagt dies ausdrücklich und ist damit ein Rechtfertigungsgrund, der gegen einen (§242 StGB) spricht. Der Vorteil: Im Streitfall gibt es keine Beschädigungen, der Streitwert ist überschaubar und man kann immer noch mit einem Gespräch alles lösen. Wenn man eine Idee hat mit welchem Werkzeug es sich bewerkstelligen lässt verbleibt es damit beim „Einfangen“ der Drohne. Wer sich richtig verhält, hält dann ein Schild mit seiner Anschrift in die Kamera, damit der „Schädiger“ sich melden kann. Sodann bietet sich wieder der ordentliche Weg der Streitbeilegung.

Störsignale gegen Drohnen

Nur kurz: Störsignale sind m.E. keine Lösung, da wirksame Störsender wie etwa GPS-Jammer entsprechend der Funkanlagen- gar nicht vertrieben bzw. erworben werden dürfen. Ich lasse diesen Aspekt daher aussen vor.

Fazit zum Abschiessen von Drohnen

Mein Rat: Kopf einschalten, auf beiden Seiten. Wahllos Drohnen abschiessen ist nicht vertretbar, blauäugig durch Nachbars Garten fliegen auch nicht. Bei einem Betriebsgelände dagegen sehe ich durchaus berechtigte Interessen, die eine aktive Gegenwehr ermöglichen. Gerade Nachbarn sollten, schon gezwungenermaßen, in der Lage sein miteinander zu reden – der einzige der vom Gegenteil profitiert ist der unbeliebte Rechtsanwalt. In dem Sinne weniger über Abwehrgeschosse und Gewalttätigkeiten nachdenken und lieber das persönliche Gespräch suchen. Inzwischen gibt es auch erste Entscheidungen die Nachbarn schützen.

Zum Thema bei uns:

Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)

Rechtsanwalt Dieter Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht und Anwalt in der Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf. Spezialgebiete von RA DF: Verkehrsstrafrecht, Kapitalstrafsachen, Drogendelikte, Sexualstrafrecht und Arbeitsstrafrecht.

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